Weltbank: Erneuter Diskurswechsel unter Zoellick
(Washington) Überraschend schnell hat der neue Präsident der Weltbank Robert Zoellick (s. Photo) die krude Antikorruptionsrhetorik seines Vorgängers durch einen neuen Diskurs ersetzt, in dessen Mittelpunkt das Ziel einer „inklusiven und nachhaltigen Globalisierung“ steht. Das wurde schon in der letzten Woche deutlich, als er in einer Rede 100 Tage nach seinem Amtsantritt seine sechs „strategischen Themen“ vorstellte. Der Gemeinsame Entwicklungsausschuß von IWF und Weltbank hat gestern das „Potential“ dieser Orientierung anerkannt. In seinem Kommuniqué stellt der Ausschuß fest, daß „die stärkere Unterstützung für die Einbeziehung und das Empowerment der Ärmsten in der Entwicklung, vor allem in Subsahara-Afrika, und das aktive Engagement der Weltbank-Gruppe in fragilen und von Konflikten betroffenen Staaten Schlüsselelemente des strategischen Ansatzes“ der Bank sein müssen. Darüber hinaus wird der Weltbank eine starke Rolle bei der Sicherung der Globalen Öffentlichen Güter und bei der Bearbeitung globaler Fragen wie dem Klimaschutz zugesprochen.
Damit folgt die Weltbank auf der verbalen Ebene Empfehlungen, wie sie in letzter Zeit von verschiedenen Seiten gegeben wurden, von dem Politiökonomen Robert Wade von der London School of Economics etwa (>>> W&E 10/2007) oder der Präsidentin des einflußreichen Center for Global Development in Washington, Nancy Birdsall, oder auch der deutschen Entwicklungsministerin Heidemarie Wiecoreck-Zeul. Dies und die immer noch anhaltende Erleichterung über den Abtritt von Wolfowitz sorgen offensichtlich dafür, daß kaum einer auf der offiziellen Ebene das lyrische Tirili-Tirila des „pragmatisch-konservativen“ Zoellick aus dem Bush-Umfeld hinterfragt. Dabei steht es schon in auffälligem Gegensatz zu dem Mangel an Substanz, mit dem diese Jahrestagung heute zu Ende geht.
Es sei sehr enttäuschend, keine konkreten Initiativen aus diesem Wochenende hervorgehen zu sehen, die die Armutsreduzierung vorantreiben, beklagte die Sprecherin von Oxfam International, Elizabeth Stuart. Dabei ist es allerdings auch nicht so, daß der neue Präsident keine neuen Ideen mitbringt. Aber die entstammen zum großen Teil dem Instrumentenkasten des Investment Bankers an der Wall Street, wo Zoellick zwischenzeitlich Erfahrungen sammeln konnte. So stehen Finanzmarktentwicklung, Privatsektorförderung und die direkte Einbeziehung der Großindustrie und der Großfinanz in das Fundraising der Bank bei Zoellick hoch im Kurs.
Wenn der neue Mann an der Spitze der Weltbank seine ehrgeizigen Ziele verwirklichen will (und auch bei ihm bestehen diese in erster Linie in der Stärkung der Bank), wird er in der Tat auf keine Finanzquellen verzichten können. Zoellicks Plädoyer für mehr Geld für die Softloan-Filiale IDA ist ebenso energisch wie für die Aufrechterhaltung des Weltbank-Engagements in den Schwellenländern oder für die Umsetzung der sog. Clean Energy-Agenda der Bank. Die Geber sollten die Kassen der Bank jedoch nicht wieder auffüllen, ohne zuvor für einen wirklichen Kurswechsel in der Praxis zu sorgen. Konkrete Schritte wären ein Abstand von Kreditkonditionen, die Privatisierung und Liberalisierung vorantreiben, oder eine deutliche Aufstockung der Investitionen in Erneuerbare Energien, bei drastischer Kürzung des Portfolios für die fossile Energieproduktion. Viele NGOs haben die richtigen Ratschläge dafür längst parat.
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