15. Juli 2019

State of Food 2019: Kehrtwende zu Agraroekologie unabdingbar, sagt Oxfam

Steigende Hungerzahlen, stärkere Klimaextreme und beschleunigtes Artensterben – eine Kehrtwende in der Agrar- und Ernährungspolitik ist drängender denn je. Dies betont die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam anlässlich des heute veröffentlichten Welternährungsberichts der VereintenNationen. Agrarökologie sollte zum zentralen Förderkonzept der Armuts- und Hungerbekämpfung im ländlichen Raum in Entwicklungsländern werden. Das Konzept sei besonders geeignet, um die Folgen der Klimakrise in der Landwirtschaft zu bewältigen: Sowohl die Bodenfruchtbarkeit als auch der Zugang zu lokal produziertem und vielfältigem Saatgut würden verbessert, zudem stabilere Ernteerträge ermöglicht.

Nach Angaben der Vereinten Nationen ist die Zahl der Hungernden im Jahr 2018 im dritten Jahr in Folge gestiegen, hauptsächlich aufgrund von Konflikten und Klimaextremen. Um diese strukturellen Ursachen des Hungers anzugehen, braucht es eine Kehrtwende in der Agrarpolitik hinzu agrarökologischen Ansätzen. Dabei werden ökologische und menschenrechtliche Prinzipien angewandt, die Einkommen von Kleinbauern und Kleinbäuerinnen gestärkt sowie ihre Unabhängigkeit und Teilhabe gefördert.

Die Agrarökologie ist besonders geeignet, um die Folgen der Klimakrise in der Landwirtschaft zu bewältigen. Denn eine vielfältige Anzahl von Pflanzen wird intelligent kombiniert und angebaut, so dass die Fruchtbarkeit von Böden erhöht, ihre wasserregulierende Funktion verbessert und der Schädlings- und Krankheitsdruck reduziert wird. „Bei agrarökologisch bestellten Feldern sind die Ernteerträge stabiler, falls es zu Dürren, Stürmen oder Starkregen kommt“, sagt Marita Wiggerthale, Oxfam-Referentin für Welternährung und globale Agrarfragen.

Eine Langzeitstudie über einen Zeitraum von 30 Jahren hat beispielsweise ergeben, dass die Maiserträge in Zeiten von Dürren in ökologischen Anbausystemen um 31% höher waren als in konventionellen. Als Sicherheitsnetze fungieren dabei lokale Nahrungsmittelreserven und lokale Saatgutbanken. Agrarökologisch orientierte, kleinbäuerliche Produzenten verkaufen ihre Lebensmittel direkt vor Ort oder in der Region an Konsument*innen oder über Kooperativen. Ihre Netto-Einkommen steigen, weil die Erträge dank fruchtbarer Böden und gesünderer Pflanzen höher ausfallen, alternative Absatzmärkte zu Agrar- und Lebensmittelkonzernen bestehen und teure Pestizide und Düngemittel eingespart werden können. Deswegen fordert Oxfam: „Agrarökologie sollte in der Entwicklungszusammenarbeit zum zentralen Förderkonzept der Armuts- und Hungerbekämpfung auf dem Lande werden“.

Das Konzept der Agrarökologie ist eng verknüpft mit der Autonomie von Bauern und Bäuerinnen hinsichtlich des Zugangs zu und der Kontrolle über lokal produziertes, kulturell angemessenes und vielfältiges Saatgut. „Bäuerliche Saatgutsysteme stellen weltweit 80% des Saatguts für den Anbau von Lebensmitteln zur Verfügung“, erklärt Wiggerthale. Studien haben vielfach gezeigt, dass kleinbäuerliche Produzenten in Entwicklungsländern davon abhängig sind, Saatgut von ihrem Betrieb auszutauschen, damit zu handeln und wiederzuverwenden. Oxfam spricht sich gegen Patente auf Pflanzen, Pflanzenteile und DNA-Sequenzen aus, weil dadurch der Zugang der Bauern und Bäuerinnen zu den Bausteinen des Lebens eingeschränkt würde.

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