10. April 2019

IWF/Weltbank-Tagung in Washington: Bad Governance

Erst kam Anfang der Woche der ‘Tiger’-Index von Financial Times und Brookings mit der Diagnose, dass sich die Weltwirtschaft in einem “synchronisierten Abschwung” befindet. Dabei steht die Abkürzung ‚Tiger‘ eigentlich für ‚Tracking Index of global economic recovery‘. Doch von einem globalen Wirtschaftsaufschwung kann derzeit nirgendwo die Rede sein. Zum wiederholten Male hat der IWF in seinem jüngsten World Economic Outlook die Wachstumsprognosen nach unten korrigiert. Verglichen mit den Prognosen vom letzten Oktober sind die Vorhersagen rückläufig, mit der einzigen Ausnahme von China, dessen Wachstum 2019 wieder leicht zulegen dürfte. Eine schwache Hoffnung ist es da, wenn die IWF-Ökonomen darauf spekulieren, dass die wirtschaftliche Stabilisierung in Emerging Economies wie der Türkei und Argentinien der Weltwirtschaft neuen Schwung geben könnte.


Doch der Hauptgrund der Stimmungseintrübung auf dieser Frühjahrstagung ist nicht wirtschaftlicher, sondern politischer Natur. Er liegt in der brachialen Machtpolitik, mit der die USA ihren Kandidaten David Malpass als Präsident der Weltbank durchgesetzt haben, wobei kein anderer Mitgliedsstaat protestierte oder auch nur einen Gegenkandidaten nominierte. Damit feiert jenes ‚Gentlemen’s Agreement‘ fröhliche Urständ‘, in dem sich die Hauptindustrieländer vor 75 Jahren darauf verständigt haben, dass die Weltbank jeweils von einem US-Amerikaner und der IWF von einem/r Europäer*in geführt wird. Bescheidene Reformhoffnungen kamen auf, als man sich nach dem Amtsantritt von Malpass‘ Vorgänger Jim Yong Kim darauf geeinigt zu haben schien, dass Auswahlverfahren künftig nach den Kriterien der Transparenz, der Qualifikation und Erfahrung der Kandidaten zu gestalten.

Ein krasseres Beispiel für ‚bad governance‘ an der Spitze einer internationalen Institution hätte man sich kaum vorstellen können. Dabei betrifft dies nicht nur das Procedere, wie die „Wahl“ von Malpass im Vorstand der Weltbank durchlief. Noch im Februar hatte die Regierung des Libanon mit Ziad Hayek einen Gegenkandidaten ins Rennen geschickt, diesen dann aber bald auf „politischen Druck“ anderer Regierungen hin wieder zurückgezogen. Malpass hat nicht nur eine schlechte Reputation, was wirtschaftliche Vorhersagen betrifft. In seiner Zeit bei der inzwischen bankrotten Bear Stearns-Bank hatte er kurz vor der Finanzkrise ein rosiges Bild gezeichnet und die Möglichkeit einer Großen Rezession zurückgewiesen. Es wäre schwierig, sich vorzustellen, dass die Suche nach einem qualifizierten Kandidaten mit einer Vision für die immer noch wichtigste Entwicklungsbank der Welt zur Nominierung des bisherigen Unterstaatssekretärs für internationale Finanzen David Malpass führen könnte, munkelten führende Kongressabgeordnete der Demokraten.

Was unter dem neuen Mann von der Weltbank zu erwarten ist, lässt sich schwer sagen. Die Spekulationen reichen von einer Abkehr von der Klimapolitik über eine noch stärkere Indienststellung der Bank für den privaten Sektor bis hin zur Instrumentalisierung der Kreditvergabe und eine konzeptionelle Umsteuerung gegen China. Keine dieser Perspektiven macht Lust, den in dieses Jahr fallenden 75. Jahrestag der Bretton-Woods-Zwillinge zu feiern.

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