13. Oktober 2012

Ergebnisorientierung bei IWF und Weltbank? Fehlanzeige!

Wer bei dieser Jahrestagung von IWF und Weltbank, die derzeit in Tokio stattfindet, nach konkreten Beschlüssen sucht, der muss schon eine Lupe zur Hand nehmen. Eine dieser raren Entscheidungen besteht darin, dass 2,7 Mrd. Dollar an Windfallprofiten aus dem letzten Goldverkauf des IWF jetzt verwendet werden, um die „Poverty Reduction and Growth Trust Fund“ (PRGTF) des IWF zur Dauereinrichtung zu machen, die künftig über eigene Mechanismen der Mittelaufbringung verfügen soll. NGOs haben seit Jahren gefordert, Teile der Goldvorräte des IWF zur Tilgung der Schulden bei multilateralen Institutionen zu verwenden. Dass der IWF dies jetzt zur Aufbesserung seiner eigenen „Kriegskasse“ verwendet, ist bestenfalls ein Pyrrhussieg.

Ein ausgesprochen dunkles Kapitel der IWF-eigenen Reformbestrebungen dagegen ist, dass in Tokio erneut die schon 2010 beschlossene Ausweitung des Stimmenanteils der Schwellenländer nicht beschlossen werden konnte, weil  dafür immer noch nicht die erforderlichen 85% der Stimmrechte der Mitglieder zusammen sind (vor allem, weil die USA dies bislang noch nicht vor den Kongress gebracht haben). Mindestens genauso schwerwiegend ist, dass die Industrieländer einerseits und die Schwellen- und Entwicklungsländer andererseits über die grundsätzliche Neubewertung der Quoten im Fonds, die bis Januar 2014 unter Dach und Fach sein soll, uneinig sind. Die Schwellen- und Entwicklungsländer haben in Tokio nochmals betont, dass die Quotenveränderung das relative Gewicht der Mitgliedsländer in der Weltwirtschaft widerspiegeln müsse (so im Kommuniqué der G24). Dies läuft auf eine Aufwertung des Stellenwerts des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei der Quotenberechnung hinaus, das gegenwärtig nur mit 50% zu Buche schlägt. Die Industrieländer wollen aber andere Faktoren, etwa die „finanzielle Offenheit“ einer Ökonomie stärker gewichten, was wegen der engen Kapitalverflechtung der Industrieländer untereinander zu ihren Gunsten wäre – eine absurde Position angesichts der Tatsache, dass der IWF seine Position in jüngster Zeit wieder zugunsten von Kapitalverkehrskontrollen geändert hat.

Wie so oft, sind Fortschritte auf dieser Jahrestagung noch am ehesten auf der Diskursebene zu erkennen. Zweifellos ist die Erkenntnis des IWF, dass die negativen Auswirkungen von Haushaltskürzungen und Steuererhöhungen auf das Wachstum in den letzten Jahren stark unterschätzt wurden, ein weiterer Meilenstein im Umdenken (und auch zur Selbstkorrektur) des Fonds. Die Frage ist allerdings, wie die IWF-Spitze das sorgfältige Auskalibrieren von fiskalischer Konsolidierung und Wachstumsorientierung (>>> Kommuniqué des Wirtschafts- und Finanzausschusses) beispielsweise in der Troika durchsetzen will, wenn die Hardliner in Europa, etwa Deutschland, anderer Meinung sind, von den fondsinternen Widerständen gegen einen Kurswechsel einmal abgesehen. Vielleicht gehört es zu den tragischsten Aspekten der aktuellen Entwicklung, dass ausgerechnet der IWF moderatere Positionen vertritt als die Europäische Union – und das in einer Zeit, in der letztere sogar den Friedensnobelpreis bekommen hat.

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