6. April 2011

Experten warnen vor Anstieg des Welthungers

Wie die Welternährung in den nächsten Jahrzehnten sichergestellt werden kann und welche Ursachen die Unternährung in Entwicklungsländern hat, war Anfang dieser Woche Thema einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Die Experten waren sich einig, dass ihre Zahl der Hungernden noch steigen wird, sollte nicht bald geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Ein rasanter Anstieg der Bevölkerung finde hauptsächlich in den Regionen der Welt statt, die besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen seien, erläuterte Alexander Müller von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). Auch komme in diesen Regionen der erschwerte Zugang zu Trinkwasser hinzu. ”Wasserknappheit ist das große Problem der Zukunft“, sagte er.

Dass Hunger ursächlich eine von Armut sei, betonte Marita Wiggerthale von Oxfam Deutschland. Wolle man den Hunger bekämpfen, müsse man die finanzielle Not lindern. Schulungsprojekte für Kleinbauern sind dabei ihrer Ansicht nach das beste Mittel. Auch müssten die Industriestaaten das ”land grabbing“ reglementieren, da es den Einheimischen oft den Zugang zu Ressourcen erschwere und die Not dadurch verstärke. ”Hunger ist ein Armutsproblem“, betonte Wiggerthale. Paul Armbruster vom Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverband erklärte, dass es in den von Hunger betroffenen Staaten oft keine Landwirtschaftspolitik gebe und die Kleinbauern nicht über das notwendige Know-how verfügten, die von ihnen bewirtschafteten Flächen ertragreich zu nutzen. Auch das Stadt-Land-Gefälle mache ihm Sorgen, da die Kleinbauern nicht in die Wertschöpfung eingebunden würden.

Der Schlüssel zur Problemlösung liege in einer Einkommenssteigerung der Kleinbauern und Landarbeiter, stellte Michael Brüntrup vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik fest. Er setzt auf die Öffnung der Märkte um Ertragsschwankungen in unterschiedlichen Regionen abzufangen. Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe, nimmt die Regierungen der betroffenen Länder in die Pflicht. Die Kleinbauern sollten motiviert werden, auf dem Land zu bleiben und nicht in die Städte zu gehen. Deshalb müsse die Produktivität der Bauern gesteigert werden, die meist nicht mehr als zwei Hektar mit rückständiger Technik bewirtschafteten. Sie lobte die parlamentarische Initiative, die sich für das Erreichen des 0,7%-Ziels einsetzt und betonte: ”Das ist nicht nur im Interesse der Entwicklungsländer.“

Für eine ökologische Entwicklung der Landwirtschaft in Entwicklungsländern plädierte Ulrich Hoffmann von der Konferenz für Handel und Entwicklung der Vereinten Nationen (UNCTAD). Die Landwirtschaft sei der größte Emittent von Treibhausgasen, größer noch als die verarbeitende Industrie. Hoffmann unterstrich auch die Bedeutung der Spekulation für die krisenhafte Instabilität der Nahrungsmittelpreise: Die Nahrungsmittelspekulation sei zu einem gravierenden Massenphänomen geworden, das im Wesentlichen seine Ursachen in der fehlenden Reform der internationalen Finanzmärkte hat „Es wird in diesem Zusammenhang von der Finanzialisierung der Rohstoffmärkte gesprochen. Spekulative Transaktionen an Warenterminbörsen, die über viele Jahre nur etwa ein Drittel der Umsätze ausmachten, haben in den vergangenen Jahren ein Ausmaß von 70-90% erreicht.“

>>> Die Antworten auf die Fragen des Ausschusses lassen sich vollständig >>> hier nachlesen.

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