18. März 2011

Reaktorkatastrophe in Japan: Lehren auch für Hermes

In der auf die Atomkatastrophe in Japan folgende Ausstiegsdebatte in Deutschland muss es auch um Konsequenzen für das staatliche System der Hermesbürgschaften gehen. Darauf wies jetzt die Umwelt-NGO „urgewald“ hin. Denn staatliche Garantien sind in vielen Fällen die Voraussetzung, damit Atomkraftwerke überhaupt gebaut werden. So wurden drei Reaktoren des Unglücks-AKWs Fukushima mit Hilfe des amerikanischen Hermespendants Export-Import Bank realisiert. In Deutschland werden Hermesbürgschaften Firmen gewährt, um sie bei Exporten in sog. “schwierige Märkte" in Entwicklungs- und Schwellenländern gegen das Risiko abzusichern, dass der Käufer ihrer Waren nicht zahlen kann. Für solche Ausfälle kommt der Bundeshaushalt und damit der deutsche Steuerzahler auf.

Seit Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition werden auch in Deutschland wieder Atomexporte ins Ausland mit staatlichen Garantien abgesichert. Die seit 2001 gültigen Hermesleitlinien schlossen den Export von Nukleartechnologie aus. Kaum jedoch war die neue Regierung an der Macht, schaffte sie die Hermesleitlinien ab und gab eine Bürgschaft über 1,3 Mrd. € an Areva/Siemens für den Bau des brasilianischen Atomkraftwerks Angra 3 (s. Foto). Brasilianische Umweltschützer wehren sich seit Jahren gegen den Bau dieses AKW, da es in einer potenziellen Erdbebenzone liegt, ein veralteter Reaktortyp gebaut werden soll, der einzige Evakuierungsweg häufig durch Erdrutsche blockiert wird, die Atomaufsicht nicht unabhängig ist und immer wieder hohe brasilianische Politiker laut über die Vorteile einer eigenen Atombombe nachdenken.

Nach Angra gab es weitere Bürgschaftsanträge: Laut Auskunft der Bundesregierung lagen im März 2010 Anträge für Zulieferungen zu den russischen Atomkraftwerken Leningradskaja und Novovoronezhkaja vor, die jedoch bis Juli zurückgezogen wurden. Darüber hinaus gab es Anträge für Zulieferungen für das geplante Atomkraftwerk Changjiang nahe der Stadt Haiwei auf der Insel Hainan und in Taishan in der Guandong Provinz, wie die Bundesregierung im März und November 2010 mitteilte. In Changjiang wird ein chinesischer Druckwasserreaktor gebaut, ein CNP 600, den die China National Nuclear Corporation (CNNC) entwickelt hat. In Taishan sollen zwei Areva EPR (Europäische Druckwasserreaktoren) entstehen.

Zwischen Oktober 2009 und August 2010 wurden laut Bundesregierung insgesamt 11 Bürgschaften für Lieferungen für Atomanlagen in China, Frankreich, Japan, Südkorea, Litauen, Russland und Slowenien vergeben. Der Gesamtwert dieser Lieferungen liegt bei 24 Mio. €. Im Februar 2011 berichtete die Bundesregierung zudem von einem Antrag über 26,1 Mio. € für Zulieferungen an ein AKW in China und über eine Rückversicherung für Zulieferungen an ein AKW in Südafrika in Höhe von 11 Mio. €. Zudem nennt sie Voranfragen im Rahmen von Projekten in Großbritannien, Finnland und Vietnam. Vietnam hat im vergangenen Oktober einen Vertrag mit Russland zum Bau von zwei Atomreaktoren unterzeichnet.

Wenn also Lehren aus der Katastrophe in Japan gezogen werden, muss es auch heißen: Schluss mit der staatlichen Unterstützung für Atomexporte, argumentiert urgewald. “Denn wenn schon ein so hoch industrialisiertes Land wie Japan die Gefahren der Atomkraftnutzung nicht beherrschen kann, darf nicht mit Hilfe von Hermesbürgschaften die Verbreitung dieser Technologie in Ländern gefördert werden, in denen die Rahmenbedingungen, Sicherheitsstandards und Aufsicht viel schlechter sind.“

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