25. September 2009

IWF-Reform: Stunde der Wahrheit für Europa

Bislang konnten sich die Europäer stets hinter den USA verstecken, wenn es um die Reform der Governance-Strukturen bei IWF und Weltbank ging. Doch jetzt haben die USA umgeschwenkt, um den lauter werdenden Forderungen der Schwellen- und Entwicklungsländer nach einem größeren Stimmenanteil entgegenzukommen. Ihr neuester Vorschlag sieht vor, im Rahmen der laufenden Quotenüberprüfung des IWF 5% der Stimmrechte an die Entwicklungsländer zu transferieren und das Leitungsgremium, den Executive Bord, von 24 auf 20 Sitze zu verkleinern. Letzteres liefe darauf hinaus, dass die ohnehin überrepräsentierten Europäer auf Direktorenposten verzichten müssten. Und schon läuten vor allem in London und Paris die Alarmglocken.

In Pittsburgh, spätestens jedoch auf der Jahrestagung von IWF und Weltbank Anfang Oktober in Istanbul, werden die Europäer Farbe bekennen müssen, wie Ernst es ihnen mit der Reform der Bretton-Woods-Institutionen wirklich ist. Sind sie bereit, Einfluss abzugeben, oder folgen sie einer traditionellen Machtpolitik, die sich an überkommene nationalstaatliche Positionen klammert? Jetzt wäre auch die Gelegenheit, mit der Vergemeinschaftung in Europa Ernst zu machen: Ein gemeinsamer Sitz für die EU in Washington könnte das Gewicht Europas sogar noch erhöhen, selbst wenn bei den formalen Stimmrechten Abstriche erfolgten.

Doch was wir aus den europäischen Hauptstädten hören, sind nichts als Ausflüchte. Wenn die Europäer auf Einfluss verzichten, müssten auch die USA von ihrer Sperrminorität Abstand nehmen, lautet das beliebteste Argument. Tatsächlich können die USA mit ihren derzeit 17% in allen wichtigen Fragen, bei denen 85% der Stimmen erforderlich sind, blockieren. Nur: Gemessen am weltwirtschaftlichen Gewicht, das für die Quotenregelung im IWF maßgeblich ist, sind die USA im Vergleich zu Europa eher unterrepräsentiert. Auch aus diesem Grund schlägt für die Europäer jetzt die Stunde der Wahrheit. Es sei denn sie ringen sich doch noch zu einer ganz neuen Politik durch, die das überkommene One-Dollar-One-Vote-System durch ein System der doppelten Mehrheiten zu ersetzen, bei dem sich Gläubiger und Schuldner in wesentlichen Fragen ohnehin nicht überstimmen können. Doch die jüngsten Verlautbarungen stimmen da nicht gerade hoffnungsfroh.

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