25. August 2008

Globale Rezession ante portas?

In den letzten beiden Wochen ist die Welt ein beträchtliches Stück weiter an eine globale Rezession heran gerückt. Und die Nachrichten der kommenden Wochen werden kaum besser sein. Für diejenigen, die nicht jeden Winkelzug der Weltwirtschaft bis ins letzte Detail verfolgen, könnten die in den letzten Wochen veröffentlichten Daten sogar wie ein Schock gewirkt haben. Die Wirtschaft der Eurozone schrumpfte zum ersten Mal seit der Einführung des Euro – zwar um „nur“ 0,2%, aber mit guten Aussichten auf einen weiteren Rückgang im dritten Quartal. Damit wäre auch technisch das Kriterium der Ökonomen für eine Rezession erfüllt. Zum ersten Mal seit sieben Jahren schrumpfte auch die japanische Wirtschaft (um 0,6%). Und die USA – im zweiten Quartal mit 0,5% Wachstum besser als erwartet – weisen inzwischen immerhin 5,6% Inflation und eine schnell zunehmende Arbeitslosigkeit auf.


Die Einbrüche mögen für Wachstumskritiker alles andere als dramatisch sein. Vom Standpunkt eines auf Expansion angelegten Wirtschaftsmodells und für Wachstumsfetischisten allemal sind es Warnzeichen ersten Ranges – zumal sich inzwischen auch die These von der Abkoppelung Europas und der Schwellenländer von der weltweiten Konjunktur immer mehr als Wunschdenken erweist. In Kontinentaleuropa sind jetzt die stärksten Ökonomien im Minus: Deutschland -0,5%, Frankreich -0,3%, Italien -0,3%. In Spanien hielt das Kabinett letzte Woche zum ersten Mal in der spanischen Geschichte eine Krisensitzung mitten in der Ferienzeit ab. Und es ist eine Frage der Zeit, bis sich die Rezession im Norden auch bei den BRICs (Brasilien, Russland, Indien, China) in nachlassendem Wachstum bemerkbar macht. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält eine globale Rezession schon gegeben, wenn das durchschnittliche weltweite Wachstum unter +2,5% fällt (weil den Entwicklungsländern als Aufholökonomien immer ein relativ stärkeres Wachstum zugebilligt wird). Derzeit wird damit gerechnet, dass das globale Wachstum bis Mitte 2009 auf 3% zurückgeht, also eine Fast-Rezession.

Die Crux besteht darin, dass dieser nach unten weisenden weltwirtschaftlichen Entwicklung kein globales Instrumentarium der wirtschaftspolitischen Koordination und Steuerung gegenüber steht. Zwar ist der Washington Consensus mehr oder weniger tot (>>> W&E 06/2008). Aber für ein Zurück bzw. Nach Vorn zu einer gemeinsamen antizyklischen Politik reicht die Kraft (noch) nicht. Noch sehen sich viele Regierungen in einer Art Statistenrolle und scheinen zu warten, bis die Flaute vorüber ist. Nur in den USA sieht man das teilweise etwas anders. Es käme aber darauf an, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Nicht zuletzt deshalb, weil eine weltweite rezessive oder fast-rezessive Entwicklung auch das zunichte machen würde, was (wenig genug!) in Richtung Millennium-Entwicklungsziele erreicht wurde. Auch so gesehen gibt es eine vorrangige Verantwortung des Nordens in den Nord-Süd-Beziehungen.

Weitere Information: >>> W&E-Dossier „Die globale Ökonomie in der Krise“

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