1. Februar 2008

Sind wir jetzt alle Keynesianer? Wieder einmal?

„Sind wir jetzt wieder alle Keynesianer?“, fragt Mark Weisbrot (Photo links) in einem Kommentar, der gerade in der englischen Ausgabe von W&E (>>> Are We ‚All Keynesians Now‘ – Again?) erschienen ist. Die auf ein berühmtes Nixon-Zitat anspielende Frage stellt sich in der Tat anlässlich des gigantischen Konjunkturpakets, das die Bush-Administration in nur zwei Wochen mit dem US-Kongress schnürte. Es ist die keynesianischste Antwort auf eine Rezession, die es offiziell noch gar nicht gibt, und dazu von einer konservativen Politikertruppe in Szene gesetzt. Nimmt man die beiden Zinssenkungen der US-Notenbank (erst 0,75%, dann in dieser Woche nochmals 0,5%) hinzu, dann sieht es tatsächlich so aus, als sei die aktive Konjunkturpolitik, die kurz nach Nixons Abgang von Ronald Reagan und Margaret Thatcher in die Wüste geschickt wurde, wieder da.

Die Gunst der Stunde nutzend, hat der selbst ernannte „Marktwirtschaftssozialist“ Dominique Strauss-Kahn unverzüglich dazu aufgerufen, dass andere Industrieländer dem US-Beispiel Folge leisten. „Länder mit haushalts- und währungspolitischen Spielräumen sollten ein gezieltes, zeitlich begrenztes fiskalisches Anreizprogramm in Erwägung ziehen“, schrieb Strauss-Kahn Mitte der Woche in der Financial Times. Für einen französischen Sozialisten ist das nicht verwunderlich, für einen Geschäftsführenden Direktor des IWF aber schon – galt doch bis vor kurzem als wirtschaftspolitische Kernempfehlung des Fonds, die Regierungen mögen Haushaltsdefizite um jeden Preis vermeiden.

Bleiben da noch die deutschen Ökonomen. Hier muss Weisbrots Frage mit "Nein" beantwortet werden. Denn dieses „kuriose Völkchen“ (Thomas Fricke) hat im Boom der neoliberalen Ideologieproduktion der letzten Jahrzehnte die Konjunkturpolitik so gründlich entsorgt, dass jetzt kaum noch einer weiß, was das überhaupt ist. Natürlich ist noch nicht ausgemacht, was die Keynsianische Trendwende in den USA bewirkt. „Die US-Debatten wirken aber beruhigender als das gruselige deutsche Gequassel darüber, dass man in Zeiten akuter Konjunkturabsturzgefahr am besten spart, also noch weniger Geld ausgibt – und irgendetwas reformiert“, schreibt Thomas Fricke in der Financial Times Deutschland. Recht hat er.

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