Smartville: Eisiger Wind der Globalisierung
Die Phase der "Hyperglobalisierung“
(s. vorstehender Eintrag) mag der Vergangenheit angehören; doch der Wind der „gewöhnlichen
Globalisierung“ weht noch. Ein vielsagendes Beispiel dafür lässt sich derzeit
in der Smart-Produktionsstätte von Daimler Benz im lothringischen Hambach
beobachten. Vor nunmehr rund 20 Jahren siedelte der Konzern die Produktion des
Smart dort an – nicht ohne zahlreiche Standortvorteile in Form
infrastruktureller Vorleistungen und Steuerbefreiungen einzuheimsen. Nicht
zuletzt deshalb arbeitet das Werk bis heute profitabel, auch wenn es der vielfach
als zu restriktiv verteufelten französischen Arbeitsgesetzgebung, darunter der
35-Stunden-Woche, unterliegt. Doch jetzt soll „Smartville“ zum Hebel des
sozialen Rollbacks gemacht werden, das von der Regierung des sozialistischen
Präsidenten Hollande in Szene gesetzt wird.
Da die so oft bemühte
Konkurrenzfähigkeit im Falle von Smartville außer Frage steht und selbst der
Chef der Personalabteilung nicht daran glaubt, bei 4 Stunden Mehrarbeit konkurrenzfähiger
zu werden, bleibt nur eine Schlussfolgerung: Es geht ums Prinzipielle, nämlich
die 35-Stunden-Woche. Das sehen auch die beiden großen Gewerkschaften, CFDT und
CGT, die mit der Sache zu tun haben, so. Sie haben jetzt gegen das Vorhaben der
Verlängerung der Arbeitszeit bei gleichzeitiger Weigerung, die zusätzlich
geleistete Arbeit voll zu bezahlen, erst einmal ihr Veto eingelegt. Das ist
nach französischem Arbeitsrecht möglich, beantwortet jedoch noch nicht die
Frage, wie lange sie dem eisigen Wind der Globalisierung noch standhalten
können. Die Regierung und die französischen Arbeitgeberverbände scheinen
entschlossen, die geltenden Branchentarifverträge zugunsten betrieblicher
Abmachungen mehr und mehr zu durchlöchern. Der Wind der Globalisierung und der
Druck des „deutschen Modells“ helfen ihnen dabei.
Im
Zentrum steht der Versuch, die unter dem früheren sozialistischen Präsidenten Lionel
Jospin 1998 eingeführte 35-Stunden-Woche wieder abzuschaffen, um sich stärker
dem „deutschen Modell“ anzunähern. Die Geschäftsleitung hat dazu den „Vorschlag“
lanciert, die Belegschaft solle 4 Stunden pro Woche länger arbeiten, dabei aber
nur für 2 Stunden entlohnt werden. Die Unternehmensführung wirbt mit der
Behauptung, die Mehrheit der Beschäftigten habe sich für die Annahme des „Vorschlags“
ausgesprochen. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit: Lediglich die Techniker
und Angehörigen des Managements sind dafür; die Montagearbeiter sprachen sich
mehrheitlich dagegen aus. Parallel dazu ließ die Unternehmensspitze das Gerücht
durchsickern, die Smart-Produktion könne jederzeit auch nach Slowenien
verlagert werden – zu erheblich günstigeren Kosten, versteht sich.
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