29. Juni 2015

Zerplatzte Illusionen: Referendum in Griechenland

Das Wort Referendum setzt sich laut Wikipedia aus der Vorsilbe re (= „zurück“) und dem Verb ferre (= lateinisch: „tragen“, „bringen“) zusammen. In einem Referendum wird also die Entscheidung über einen politischen Gegenstand von der gewählten Vertretung, dem Parlament, an den Souverän, das Staatsvolk, „zurückgetragen“.

Von Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker*)

Der Chef der Eurogruppe Jeroen Dijsselbloem bezeichnete die Entscheidung von griechischer Regierung und griechischem Parlament, das eigene Volk über die Annahme der Bedingungen der Troika für die Auszahlung der letzten Tranche des zweiten Hilfspakets abstimmen zu lassen, als „unfair“. Das sehen offenbar nicht alle Finanzminister der Eurogruppe so. Noch vor wenigen Wochen befürwortete Wolfgang Schäuble eine solche Volksabstimmung, auch wenn er ihre Ankündigung jetzt als Entzug der Verhandlungsgrundlage mit Griechenland wertet. Vizekanzler Sigmar Gabriel äußerte sich unmittelbar nach der Ankündigung eines griechischen Referendums positiv dazu.

Aus unserer Sicht ist es konsequent, das griechische Volk abstimmen zu lassen. Man mag die Verhandlungsführung der griechischen Regierung mit den „Institutionen“ als ungeschickt kritisieren. Man mag sich fragen, ob der griechische Regierungschef Alexis Tsipras nicht schon vor zwei Wochen ein solches Referendum hätte ansetzen sollen. Aber das Referendum an sich ist richtig. Denn die jetzige griechische Regierung, die von SYRIZA getragen wird, wurde vom Volk gewählt, weil SYRIZA versprach, die Bedingungen, die von den europäischen Institutionen (plus dem IWF) für finanzielle Hilfen gestellt wurden, zu beseitigen oder wenigstens stark zu verändern. Der für jeden neutralen Beobachter erkennbare Misserfolg der Umsetzung dieser Bedingungen zur „Gesundung“ der griechischen Wirtschaft unter Beibehaltung des Euro war der Grund für den Wahlerfolg von SYRIZA und die vernichtende Wahlniederlage aller Parteien, die die Vorgängerregierungen getragen hatten.

Für SYRIZA und den von ihr gewählten Ministerpräsidenten schien es undenkbar, dass die Gläubiger nach einem solchen Votum des griechischen Volkes auf der Fortführung der gleichen Bedingungen beharren würden. Sie glaubten, dass zumindest bei unbestreitbarem Scheitern einer Politik das Volk das Recht habe, diese Politik abzuwählen.

Doch genau dieses Recht wollen die Gläubiger dem griechischen Volk nicht zugestehen. Am vergangenen Samstag haben die Vertreter von SYRIZA erkennen müssen, dass ein Alptraum demokratisch gewählter Politiker Wirklichkeit geworden ist, weil sie angesichts der Übermacht der Gläubiger nicht mehr die Möglichkeit haben, dem Willen des Volkes auch nur im Ansatz nachzukommen. Sie haben daraus die im Grunde einzig mögliche Konsequenz gezogen …

… die Fortsetzung und den vollständigen Kommentar finden Sie >>> hier.

Prof. Dr. Heiner Flassbeck war u.a. Staatssekretär im Bundesfinanzministerium und zwischen 2000 und 2012 Chefökonom bei der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD); 2013 gründete er flassbeck-economics.de. Friederike Spiecker ist Volkswirtin und Wirtschaftspublizistin. 

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