6. Juni 2015

Vor G7: Systemwechsel bei Unternehmenssteuern gefordert

Kurz vor dem G7-Gipfel in Elmau hat die Unabhängige Kommission für die Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) die Staats- und Regierungschefs der Welt zu einem Systemwechsel in Sachen Unternehmensbesteuerung aufgefordert. Der Kommission gehören namhafte Expertinnen und Experten, darunter Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz und Eva Joly sowie als Vorsitzender der ehemalige kolumbianische Finanzminister José Antonio Ocampo an. Sie kam auf Initiative eines umfassenden Bündnisses aus Zivilgesellschaft und Gewerkschaften zustande.


Die Kommission schlägt in einer Erklärung eine umfassende Reform der geltenden Gesetze und für die Besteuerung transnationaler Unternehmen zuständigen Institutionen vor. „Multinationale Konzerne handeln wie ein einziges und einheitliches Unternehmen und sollten deshalb auch so besteuert werden. Es ist Zeit für unsere politischen Führungskräfte, Courage zu zeigen und zu erkennen, dass das Prinzip der selbständigen Einheit eine juristische Fiktion ist“, erklärte Joseph Stiglitz. „Während des Übergangs sollte für die führenden Industrienationen global eine Mindest-Körperschaftssteuer gelten, damit der Unterbietungswettbewerb aufhört.“ José Antonio Ocampo fügte hinzu: „Bei dieser Debatte geht es um Gerechtigkeit – um die gerechte Behandlung guter und schlechter Steuerzahler, um die gerechte Besteuerung von Arbeit und Kapital, um Gerechtigkeit zwischen den Ländern und besonders zwischen Entwicklungsländern und Industrienationen… Die Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung sollte unter Berücksichtigung des globalen öffentlichen Interesses und nicht nach nationalen oder unternehmerischen Vorteilen erfolgen.“

Die Erklärung weist darauf hin, dass das derzeitige System überholt ist und den Missbrauch von Steuervorschriften durch multinationale Unternehmen keinesfalls verhindert. Oxfam International hatte ein paar Tage zuvor darauf hingewiesen, dass durch die Steuerpraktiken von Unternehmen mit Sitz in den G7-Staaten (Transferpricing etc.) allein Afrika 6 Mrd. US-Dollar pro Jahr verliert. Die Kommission hebt hervor, dass die aktuellen Reformversuche der BEPS-Initiative (Aushöhlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung) von G20 und OECD zwar ein Schritt in die richtige Richtung seien, aber grundsätzlich unzureichend, da die Entscheidungsgewalt in diesem Kontext global nicht repräsentativ ist. Die Probleme des Steuermissbrauchs erfordern globale Steuerlösungen, die ohne eine inklusive globale Steuerbehörde mit allen Nationen am Verhandlungstisch nicht machbar sind.

Der wichtigste Wegbereiter für den Steuermissbrauch internationaler Unternehmen ist das Prinzip der selbständigen Einheit - eine juristische Fiktion, die den Transfer erheblicher Beträge versteuerbarer Einkommen aus den zugrunde liegenden operativen Geschäftstätigkeiten ermöglicht. Die Erklärung enthält daher folgende Empfehlungen:

* Multinationale Unternehmen sind als einziges Unternehmen zu versteuern. Während des Übergangs erheben die Industrienationen einen Mindest-Körperschaftssteuersatz.
* Der Steuerwettbewerb ist zu unterbinden, um dem Unterbietungswettbewerb die Basis zu entziehen.
* Die öffentliche Transparenz hinsichtlich der von multinationalen Unternehmen gezahlten Steuern ist zu verbessern.
* Durch Gründung einer internationalen Steuerbehörde im Rahmen der Vereinten Nationen ist eine umfassende internationale Steuerzusammenarbeit auf den Weg zu bringen; weiterhin ist eine UN-Konvention zur Bekämpfung missbräuchlicher Steuerpraktiken zu erarbeiten.

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