Vor G7: Systemwechsel bei Unternehmenssteuern gefordert
Kurz vor dem G7-Gipfel in Elmau hat die Unabhängige
Kommission für die Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung (ICRICT) die
Staats- und Regierungschefs der Welt zu
einem Systemwechsel in Sachen Unternehmensbesteuerung aufgefordert. Der
Kommission gehören namhafte Expertinnen und Experten, darunter
Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz und Eva Joly sowie als Vorsitzender
der ehemalige kolumbianische Finanzminister
José Antonio Ocampo an. Sie kam auf
Initiative eines umfassenden Bündnisses aus Zivilgesellschaft und
Gewerkschaften zustande.
Die Kommission schlägt in einer Erklärung
eine umfassende Reform der geltenden Gesetze und für die Besteuerung
transnationaler Unternehmen zuständigen Institutionen vor. „Multinationale
Konzerne handeln wie ein einziges und einheitliches Unternehmen und sollten
deshalb auch so besteuert werden. Es ist Zeit für unsere politischen
Führungskräfte, Courage zu zeigen und zu erkennen, dass das Prinzip der
selbständigen Einheit eine juristische Fiktion ist“, erklärte Joseph Stiglitz.
„Während des Übergangs sollte für die führenden Industrienationen global eine
Mindest-Körperschaftssteuer gelten, damit der Unterbietungswettbewerb aufhört.“
José Antonio Ocampo fügte hinzu: „Bei dieser Debatte geht es um Gerechtigkeit –
um die gerechte Behandlung guter und schlechter Steuerzahler, um die gerechte
Besteuerung von Arbeit und Kapital, um Gerechtigkeit zwischen den Ländern und
besonders zwischen Entwicklungsländern und Industrienationen… Die Reform der
internationalen Unternehmensbesteuerung sollte unter Berücksichtigung des
globalen öffentlichen Interesses und nicht nach nationalen oder
unternehmerischen Vorteilen erfolgen.“
Die Erklärung weist darauf hin, dass das derzeitige
System überholt ist und den Missbrauch von Steuervorschriften durch
multinationale Unternehmen keinesfalls verhindert. Oxfam International hatte
ein paar Tage zuvor darauf hingewiesen, dass durch die Steuerpraktiken von
Unternehmen mit Sitz in den G7-Staaten (Transferpricing etc.) allein Afrika 6
Mrd. US-Dollar pro Jahr verliert. Die Kommission hebt hervor, dass die
aktuellen Reformversuche der BEPS-Initiative (Aushöhlung der steuerlichen
Bemessungsgrundlage und Gewinnverlagerung) von G20 und OECD zwar ein Schritt in
die richtige Richtung seien, aber grundsätzlich unzureichend, da die
Entscheidungsgewalt in diesem Kontext global nicht repräsentativ ist. Die
Probleme des Steuermissbrauchs erfordern globale Steuerlösungen, die ohne eine
inklusive globale Steuerbehörde mit allen Nationen am Verhandlungstisch nicht
machbar sind.
Der wichtigste Wegbereiter für den Steuermissbrauch
internationaler Unternehmen ist das Prinzip der selbständigen Einheit - eine
juristische Fiktion, die den Transfer erheblicher Beträge versteuerbarer
Einkommen aus den zugrunde liegenden operativen Geschäftstätigkeiten
ermöglicht. Die Erklärung enthält daher folgende Empfehlungen:
* Multinationale Unternehmen sind als einziges Unternehmen zu
versteuern. Während des Übergangs erheben die Industrienationen einen
Mindest-Körperschaftssteuersatz.
* Der Steuerwettbewerb ist zu unterbinden, um dem
Unterbietungswettbewerb die Basis zu entziehen.
* Die öffentliche Transparenz hinsichtlich der von multinationalen
Unternehmen gezahlten Steuern ist zu verbessern.
* Durch Gründung einer internationalen Steuerbehörde im Rahmen der
Vereinten Nationen ist eine umfassende internationale Steuerzusammenarbeit auf
den Weg zu bringen; weiterhin ist eine UN-Konvention zur Bekämpfung
missbräuchlicher Steuerpraktiken zu erarbeiten.
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