22. Januar 2014

WEF 2014: Normalisierung oder Selbstzufriedenheit?

Das diesjährige World Economic Forum (WEF), das seit heute in Davos läuft, gilt als Wirtschaftsforum der Normalisierung. Die Finanzkrise liege im wesentlichen hinter uns; Europa und der Euroraum fasse wieder Tritt, und die USA und Großbritannien seien die neuen Wirtschaftslokomotiven – so oder ähnlich klingt der Chor der Wachstumsfans. Und in der Tat haben fast alle internationalen Institute ihre Prognosen im Vorfeld nach oben korrigiert, der IWF ebenso wie die ansonsten eher skeptische UNO-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten (DESA). Doch es ist ein Aufschwung inmitten einer Welt der Risiken (>>> Aufschwung inmitten einer Weltder Risiken?).


Interessant ist, dass zugleich keiner der Auguren versäumt, auf die Risiken hinzuweisen, die nach wie vor die weltwirtschaftliche Entwicklung bedrohen. Zunächst einmal verläuft die weltwirtschaftliche Entwicklung nach wie vor unter ihrem Potential: Gut 3% durchschnittliches Wachstum, das der IWF für die Weltwirtschaft voraussagt, sind eben immer noch 2% weniger als vor der Großen Finanzkrise. Und die Arbeitslosigkeit ist längst noch nicht auf das Niveau vor der Krise zurück gegangen. Der neue Employment TrendsReport der ILO spricht von einer „jobless recovery“ – einer Erholung ohne Arbeitsplätze. Und einiger Aufschwung-Jubel ist dem Kontrast mit den schlechten Werten der letzten Jahre und der eigenen ideologischen Verblendung geschuldet.

Nehmen wir die Wachstumsraten von Deutschland, dessen Ökonomie ja sowas von „brummt“, und Frankreich, das fast schon „am Boden liegt“: In seinem jüngsten Update gibt der IWF für Deutschland 0,5% (2013), 1,6 (2014) und 1,4 (2015) an und für Frankreich 0,2, 0,9 und 1,5 – welch ein dramatischer Unterschied! Das schlimmste an Frankreich ist nicht die Krise (natürlich gibt es dort wirtschaftliche Probleme – wo gäbe es die nicht?), sondern der Rückfall des ökonomischen Denkens unter Hollande in die Zeit von vor 200 Jahren, als erstmals die Angebotsökonomie in Mode kam, wie Wolfgang Münchau diese Woche in der Financial Times so treffend schrieb.

Was also wird die Botschaft dieses Weltwirtschaftsforums 2014 sein? Die selbstzufriedene Rede von der Normalisierung nach sieben Jahren der Krise? Oder doch die Mahnung, dass die zunehmende soziale Ungleichheit die soziale Integrität der Gesellschaften bedroht, dass die Armen eben doch kaum etwas abbekommen von den Segnungen der Globalisierung? Das Paradoxe der Mammutveranstaltung in den Schweizer Bergen ist ja, dass dort immer wieder auch kritische Stimmen ertönen: Der Global Risks-Report des WEF in diesem Jahr warnt beispielsweise davor, das die Ungleichheit das größte Risiko der nächsten Monate darstellt. Die NGO Oxfam legt nach und weist in einer neuen Studie darauf hin, dass die 85 reichsten Menschen der Welt heute ebenso viel besitzen wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Davos-People – seid auf der Hut!

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