WEF 2014: Normalisierung oder Selbstzufriedenheit?
Das diesjährige World
Economic Forum (WEF), das seit heute in Davos läuft, gilt als Wirtschaftsforum
der Normalisierung. Die Finanzkrise liege im wesentlichen hinter uns; Europa
und der Euroraum fasse wieder Tritt, und die USA und Großbritannien seien die
neuen Wirtschaftslokomotiven – so oder ähnlich klingt der Chor der
Wachstumsfans. Und in der Tat haben fast alle internationalen Institute ihre
Prognosen im Vorfeld nach oben korrigiert, der IWF ebenso wie die ansonsten
eher skeptische UNO-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten
(DESA). Doch es ist ein Aufschwung inmitten einer Welt der Risiken (>>> Aufschwung inmitten einer Weltder Risiken?).
Interessant
ist, dass zugleich keiner der Auguren versäumt, auf die Risiken hinzuweisen,
die nach wie vor die weltwirtschaftliche Entwicklung bedrohen. Zunächst einmal
verläuft die weltwirtschaftliche Entwicklung nach wie vor unter ihrem Potential:
Gut 3% durchschnittliches Wachstum, das der IWF für die Weltwirtschaft
voraussagt, sind eben immer noch 2% weniger als vor der Großen Finanzkrise. Und
die Arbeitslosigkeit ist längst noch nicht auf das Niveau vor der Krise zurück
gegangen. Der neue Employment TrendsReport der ILO spricht von einer „jobless recovery“ – einer Erholung ohne
Arbeitsplätze. Und einiger Aufschwung-Jubel ist dem Kontrast mit den schlechten
Werten der letzten Jahre und der eigenen ideologischen Verblendung geschuldet.
Nehmen
wir die Wachstumsraten von Deutschland, dessen Ökonomie ja sowas von „brummt“,
und Frankreich, das fast schon „am Boden liegt“: In seinem jüngsten Update gibt
der IWF für Deutschland 0,5% (2013), 1,6 (2014) und 1,4 (2015) an und für
Frankreich 0,2, 0,9 und 1,5 – welch ein dramatischer Unterschied! Das
schlimmste an Frankreich ist nicht die Krise (natürlich gibt es dort
wirtschaftliche Probleme – wo gäbe es die nicht?), sondern der Rückfall des
ökonomischen Denkens unter Hollande in die Zeit von vor 200 Jahren, als
erstmals die Angebotsökonomie in Mode kam, wie Wolfgang Münchau diese Woche in
der Financial Times so treffend
schrieb.
Was
also wird die Botschaft dieses Weltwirtschaftsforums 2014 sein? Die
selbstzufriedene Rede von der Normalisierung nach sieben Jahren der Krise? Oder
doch die Mahnung, dass die zunehmende soziale Ungleichheit die soziale
Integrität der Gesellschaften bedroht, dass die Armen eben doch kaum etwas
abbekommen von den Segnungen der Globalisierung? Das Paradoxe der
Mammutveranstaltung in den Schweizer Bergen ist ja, dass dort immer wieder auch
kritische Stimmen ertönen: Der Global Risks-Report des WEF in diesem Jahr warnt beispielsweise davor, das die
Ungleichheit das größte Risiko der nächsten Monate darstellt. Die NGO Oxfam
legt nach und weist in einer neuen Studie
darauf hin, dass die 85 reichsten Menschen der Welt heute ebenso viel besitzen
wie die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung. Davos-People – seid auf der Hut!
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