31. Januar 2014

Aufstrebende Volkswirtschaften unter Druck: Ende eines Zyklus

Währungsabsturz in Schwellenländern (Quelle: FT)
Die jüngsten Zinssteigerungen haben die seit nunmehr zwei Wochen anhaltenden Währungsturbulenzen in wichtigen Schwellenländern nicht stoppen können. Zunächst Indien und Brasilien, dann die Türkei und zuletzt auch Südafrika stemmten sich mit der Anhebung ihrer Zinssätze gegen den Abwärtstrend ihrer Währungen, der gelegentlich auch bereits als Ausverkauf der Emerging Economies bezeichnet wird. Die Leitzinsen belaufen sich inzwischen in Brasilien auf 10,5%, in der Türkei auf 10,0, in Argentinien auf 9,0, in Indien auf 8,0, in Indonesien auf 7,5 und in Südafrika auf 5,5%. Dem stehen historische Niedrigstzinsen in den Industrieländern gegenüber, in der Eurozone beispielsweise 0,25%.


Doch das Kalkül, mit Zinssteigerungen den Währungsverfall (s. Abb.) aufzuhalten, ist ein zweischneidiges Schwert. Denn Zinssteigerungen verstärken u.U. die ohnehin fragile Situation in vielen Schwellenländern, die durch sich verlangsamendes Wachstum gekennzeichnet ist. Wenn damit überhaupt neues Kapital angelockt wird, dann solches von der kurzfristig spekulativen Art, das auf die Ausnutzung von Zinsdifferenzen („Carry-Trades“) aus ist. Kapital zur Finanzierung produktiver Investitionen, von Infrastruktur und nachhaltiger Entwicklung kann auf diesem Weg ganz bestimmt nicht beschafft werden. Und wie sich derzeit zeigt, gelingt es auf diesem Wege auch nicht, den Währungsverfall zu stoppen.

Die gegenwärtigen Währungsturbulenzen – ob es sich in verschiedenen Fällen bereits um Währungskrisen handelt, sei einmal dahin gestellt – signalisieren allgemein ausgedrückt das Ende eines Boom-und-Bust-Zyklus, der in zwei Wellen – von etwa 2000 bis zum Beginn der globalen Finanzkrise 2008 und dann nochmal 2010-12 – billiges Kapital aus den Industrie- in die Schwellenländer gespült hatte. Unter den Bedingungen der lockeren Geldpolitik im Norden aufgenommen, sollte es dort von den höheren Zinssätzen profitieren. Ein großer Teil dieser Kapitalflüsse bestand aus sog. Carry-Trades. Dabei nehmen die sog. Anleger einen Kredit in einer niedrig verzinsten Währung auf und legen es in einer Währung mit einem höheren Zinsniveau an. Die Zinsdifferenzen, auf die spekuliert wird, können allerdings nur so lange realisiert werden, wie die Zinsgewinne nicht durch Währungsverluste aufgefressen werden. An diesem Punkt sind wir seit dem letzten Sommer angelangt.

Auch wenn es andere Faktoren gibt, die teilweise in der inneren Entwicklung mancher Schwellenländer begründet sind, ist der entscheidende Hintergrund die Straffung der Geldpolitik, vor allem in den USA, also die quantitative Reduktion des Bond-Aufkaufprogramms der FED, auch „Tapering“ genannt, die im letzten Sommer als Möglichkeit angekündigt wurde und seit Anfang 2014 sukzessive umgesetzt wird. Bereits die Ankündigung hat zu erheblichen Unruhen geführt, da die Anleger auf wieder höhere Gewinne in den USA hoffen und in „sichere Häfen“ flüchten. – Es ist verständlich, dass das rücksichtslose und im Alleingang, ausschließlich mit Blick auf die US-Konjunktur erfolgende Tapering in den Schwellenländern als absolut ärgerlich angesehen wird, waren diese doch auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im kooperativen Rahmen der G20 zu weitgehenden Konjunkturprogrammen bereit, die die Welt vor einer zweiten Großen Depression bewahrt haben. Jetzt fühlen sie sich vielfach fallengelassen wie eine heiße Kartoffel. Der Vorgang sagt einiges aus über den Abstieg der G20, die derzeit eher als Statist der weltwirtschaftlichen Entwicklung erscheint denn als „führendes Forum der weltwirtschaftlichen Koordinierung“, wie einmal lautstark verkündet worden war.

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