3. September 2013

St. Petersburg: Wozu die G20 (nicht) gebraucht werden



Kein Zweifel, die G20, die sich in dieser Woche zu ihrem Gipfel in St. Petersburg treffen, werden gebraucht. Aber nicht als Plattform zur propagandistischen Vorbereitung einer militärischen Strafaktion gegen Syrien. Auch nicht als Gremium, um eine politische Lösung der Syrienkrise anzubahnen. Dazu gibt es die Vereinten Nationen, und obendrein müssten Länder aus der Region einbezogen werden, die in der G20 gar nicht Mitglied sind. Die G20 werden genau dazu gebraucht, wofür sie nach eigener Aussage geschaffen wurden: als Forum der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Koordinierung.

Das Problem ist nur, dass diese Zusammenarbeit stark an Schwung verloren hat, wenn es sie jemals gegeben hat, bzw. dass auch die Rhetorik der wirtschaftspolitischen Koordinierung nationale Alleingänge nicht verbergen konnte. Dabei gibt es auch über fünf Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise genügend Turbulenzen auf den Finanzmärkten, die den Imperativ der internationalen Kooperation unterstreichen. Ein gutes Beispiel dafür ist die gegenwärtigen Volatilität der Währungen der Emerging Economies. Diese zeige, so heißt es in einer Erklärung des südafrikanischen Präsidentenbüros am Vorabend des Gipfels, „dass Entscheidungen, die Länder ausschließlich auf der Basis ihrer eigenen nationalen Interessen treffen, ernsthafte Konsequenzen für andere Länder haben können“.

In der Tat war die Politik des lockeren Geldes (QE: „quantitative easing“), deren bevorstehende Beendigung schon heute zu wirtschaftlichen Erschütterungen in vielen Schwellenländern führt (>>> Wieder da: Das Gespenst der Asienkrise), niemals Gegenstand internationaler Verhandlungen, weder in der G20 oder anderswo. Dabei ist der Kollateralschaden dieser Politik für viele Entwicklungsländer bekannt: Die Schwemme billigen Geldes führte zu massivem Carry Trade, zur Überbewertung vieler Währungen, zum Aufbau eines nicht-nachhaltigen Kreditbooms und jetzt – nach der Umkehr der Kapitalströme – zu drohenden Währungskrisen, die sich zu erneuten Finanzkrisen ausweiten könnten.

Doch warum haben die USA, die Eurozone und zuletzt auch Japan den Weg des QEs gewählt, wenn dessen Ergebnisse bestenfalls diskutierbar sind, schlechtestenfalls aber die nächste Runde der Finanzkrisen vorbereiten, fragte Ha-Joon Chang von der Uni Cambridge gestern in einem Kommentar für den Guardian. Seine Antwort ist so einfach wie nachvollziehbar: Weil es die einzige Option war, mit der sich die Hoffnung verband, eine wirtschaftliche Erholung – wie langsam und schwach auch immer – in Gang zu setzen, ohne das wirtschaftliche Modell der letzten Jahre ändern zu müssen – ein Modell, in dem kurzfristige Finanzprofite über langfristige Investitionen in den Ausbau der produktiven Kapazitäten den Vorrang inne hatten. „Eine Erholung, basierend auf einem Rebalancing der Wirtschaft, hätte Politiken erfordert, die dem Finanzsektor weh getan hätten“, so Chang.

Was bedeutet dies für den G20-Gipfel in St. Petersburg? Offensichtlich nichts Gutes. Länder wie Südafrika wollen zwar mehr globales Handeln gegen die finanziellen Turbulenzen auf ihren Märkten, für die sie nur teilweise verantwortlich sind. Die USA werden sich jedoch in das „Tapering“ ihrer Geldpolitik genauso wenig hinein reden lassen wie am Beginn des QEs. Wahrscheinlich bleibt daher wieder einmal nur der Umweg über den regionalen Weg. Dass die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) ein separates Treffen am Rande des G20-Gipfels planen, ist ein Lichtblick. Immerhin sollen dort zwei Projekte weiter vorangetrieben werden, die auf dem letzten BRICS-Gipfel in Durban beschlossen wurden: die Neue Entwicklungsbank und das Currency Reserve Arrangement der BRICS.

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