Unscheinbarer MDG-Gipfel in New York
Geräuschloser Fortschritt oder
doch nur Geräuschlosigkeit? Recht geräuschlos ist jedenfalls das „Special Event“
unter dem Dach der UN-Vollversammlung über die Bühne gegangen, das als Auftakt
zu Verhandlungen über eine Weltagenda für die Zeit nach 2015 angekündigt worden
war (>>> Gesucht: Eine Vision für die Zeit nach 2015). Geräuschlos – gemessen an dem Hype, den vor allem
die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) im Vorfeld erzeugt hatten. Am Vorabend
des „MDG-Gipfels“ fand auch das Eröffnungstreffen des neuen Hochrangigen
Politischen Forums für Nachhaltige Entwicklung (HLPF: „High level political
forum“) statt, das im letzten Jahr auf dem Rio+20-Gipfel beschlossen worden war.
Jetzt
haben wir also nach Rio+20 ein weiteres Outcome-Dokument,
das noch dünner ist als das vom letzten Jahr. Es bekräftigt auf knapp drei
Seiten den Willen, die Millennium-Entwicklungsziele bis zum Jahr 2015 doch noch
zu erreichen; es fehlt freilich jede finanzielle Verpflichtung der reichen
Länder des Nordens, wie Oxfam International zu Recht moniert hat. Und es
enthält eine sog. Road-Map, wonach im nächsten September auf der 69.
UN-Vollversammlung die Verhandlungen über eine Post-2015-Entwicklungsagenda
beginnen sollen – eine Agenda, die dann 2015 auf der 70. UN-Vollversammlung
beschlossen werden soll. Und wir haben ein neues Gremium, das erwähnte
Hochrangige Politische Forum, das an die Stelle der glücklosen und schwachen
UN-Kommission für Nachhaltige Entwicklung (CSD) treten und die neue Agenda mit
erarbeiten und hernach ihre Umsetzung kontrollieren soll.
Die
Wohlmeinenden argumentieren jetzt, dass es gut sei, eine Road-Map zu haben und nur
eine Agenda mit universeller
Gültigkeit anzustreben, nach der sich dann auch die Industrieländer
richten müssten (>>> DIE-Kolumne
und VENRO-Presseerklärung von heute).
Doch sie übersehen, dass die gesamte Post-MDG-Debatte von einer hochgradigen
Doppelmoral geprägt ist. Oder glaubt jemand im Ernst, das ein David Cameron,
der als einer der Ko-Vorsitzenden einer „hochrangigen Expertenkommission“ (>>> W&E 06/2013) hochtrabende Floskeln über Transformation und
inklusive Entwicklung unterschrieb, im eigenen Land darauf verzichten würde,
eine Deregulierungs- und Sozialabbau-Agenda durchzusetzen, die an Brachialität
noch die von Magret Thatcher übertrifft?
Auch
mit dem neuen HLPF sind Hoffnungen verbunden. So soll es eine „more virbrant
and robust platform, with high-level political visibility” für nachhaltige
Entwicklung werden, wie sich der Sprecher der Gruppe der 77 und Chinas auf der
Eröffnungsveranstaltung wünschte.
Doch auch die Kommission für Nachhaltige Entwicklung galt vielen 1992 als das
vielleicht wichtigste Ergebnis des Erdgipfels von Rio. Und sie wurde auf der
Woge eines poltischen Aufbruchs ins Leben gerufen. Dass der neuen prozeduralen
Errungenschaft 20 Jahre später ihre Beerdigung vorausging, sollte daran
erinnern, dass die Gründung einer weiteren Kommission noch längst kein Garant
für Fortschritt ist, und auch daran, dass dieser noch nie im Gewand der
Geräuschlosigkeit daher kam.
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