Wieder da: Das Gespenst der Asienkrise
Noch pumpt die US-Zentralbank FED pro Monat 85 Mrd. Dollar
in die Märkte, und doch reicht schon die vage Ankündigung, dass die lockere
Geldpolitik nicht endlos fortgeführt werden könnte, um in den Schwellenländern
ökonomische Erschütterungen auszulösen. Der Hintergrund: Anders als die Konjunkturprogramme
unmittelbar nach der Finanzkrise hat das „Quantitative Easing“ (QE) nicht die
Realökonomie stimuliert, sondern die Anleger zu massiven Carry-Trade-Strategien
beflügelt, die sich auf der Suche nach Renditen in spekulativen
Kapitalzuflüssen in die Emerging Economies niederschlugen. Seit der ersten
Ankündigung der Beendigung von QE im Mai und mit den wieder steigenden Zinsen
für langfristige Kapitalanlagen in den USA hat sich der Wind nun gedreht und
viele Schwellenländer werden zu Opfern massiven Kapitalabflusses.
Wohl haben die Schwellenländer nach der Asienkrise der
1990er Jahre hohe Währungsreserven angelegt, um für solche Situationen gewappnet
zu sein. Doch vor allem Länder mit großen Leistungsbilanzdefiziten wie Indien
und Indonesien, aber auch die Türkei und Südafrika, stehen jetzt unter Druck,
da sie zur Deckung dieser Defizite nach wie vor auf ausländisches Kapital
angewiesen sind und ihre bis vor kurzem hohen Wachstumsraten sowieso
nachgegeben haben. Die Kombination aus hohen Leistungsbilanzdefiziten, Umkehr
der Kapitalflüsse, an Wert verlierenden Währungen und der Aussicht auf
steigende Zinssätze kann zu einer tödlichen Mischung werden, so dass bereits
wieder von der Rückkehr des Gespensts der Asienkrise die Rede ist. (Ende der
1990er Jahre hatte eine ähnliche Umkehr der Kapitalflüsse im asiatischen Raum
zu einer schweren Finanzkrise geführt.)
Und so reiben sich viele Analysen nach der Rückkehr aus der
Sommerpause verwundert die Augen: Die Rede vom sensationellen Aufstieg der
Schwellenländer ist plötzlich der Beschwörung ihres Abstiegs gewichen, und
zurück ist auch die Zeit der Belehrungen, in den Emerging Economies seien
Strukturreformen längst überfällig, auch wenn diese noch vor gar nicht allzu
langer Zeit als Konjunkturlokomotiven der Weltwirtschaft gepriesen wurden, auf
deren Wachstum alle Konjunkturprognosen ihren Optimismus stützten. Natürlich
war die Rede vom sensationellen Aufstieg genauso übertrieben wie die von ihrem
Abstieg – aber die Titelfrage „Kehrt die Finanzkrise zurück?“ (>>> W&E-Hintergrund Juli 2013)
hat über den Sommer sicher neue Nahrung bekommen. Auch der IWF, dessen Image
noch aus der letzten Asienkrise ramponiert ist, hat sich vorsichtshalber schon
mal in Stellung gebracht. Wie seine Geschäftsführende Direktorin, Christine
Lagarde, am Wochenende betonte, „steht der Fonds bereit“, um in den
Schwellenländern einzugreifen.
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