8. August 2012

UN-Entwicklungsagenda: Ban Ki-moons Agenda-Setter

Erwartungsgemäß hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, zum Beginn dieses Monats eine Hochrangige Kommission ins Leben gerufen, die bis zur zweiten Hälfte des nächsten Jahres „eine überzeugende, aber praktikable Vision“ für eine Post-2015-Entwicklungsagenda vorlegen soll (>>> Zeit für eine neue Entwicklungsagenda). Die UN-Vollversammlung soll dann darüber beraten, was an die Stelle der auslaufenden Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) treten soll. Dass die Kommission jedoch wirklich überzeugende Vorschläge und Ideen für eine neue Entwicklungsagenda produzieren wird, lässt sich schon wegen ihrer Zusammensetzung bezweifeln.

Als Vorsitzende des Gremiums firmieren der konservative britische Premierminister David Cameron, die liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf und mit Susilo Bambang Yudhoyono aus Indonesien der Präsident eines wichtigen Schwellenlandes. Auch die meisten anderen 23 Kommissionsmitglieder entstammen dem arrivierten Politikestablishment ihrer Länder, sei es als Minister (so Maria Angela Holguin, die Außenministerin Kolumbiens, Patricia Espinosa, die Außenministerin Mexikos, Ngozi Okonjo-Iweala, die Finanzministerin Nigeria, die bereits als Kandidatin für die Führung der Weltbank im Gespräch war, Sung-Hwan Kim, der Außenminister Südkoreas, Gunilla Carlson, die schwedische Entwicklungsministerin und Emilia Pires, die Finanzministerin Ost-Timors, oder der amtierende EU-Kommissar Andris Piebalgs), sei es als hohe politische Berater (etwa Fulbert Gero Amoussouga aus Benin, Elvira Nabiullina aus Russland oder John Podesta aus den USA).

Auch sind mit Horst Köhler (Deutschland) und Naoto Kan (Japan) ein ehemaliger Bundespräsident und ein Ex-Premierminister mit von der Partie. Unglücklicher hätte die Auswahl wohl kaum sein können, fällt doch in Kans Amtszeit die Nuklearkatastrophe von Fukushima, weswegen er letztlich zurücktrat. Köhlers Rücktritt hatte weniger spektakuläre Begleitumstände. Aber seine Wahl zum Geschäftsführenden Direktor des IWF war die vielleicht fragwürdigste Personalentscheidung der Schröder/Fischer-Regierung. Seine „Reform“ des IWF erwies sich bestenfalls als Streamlining der IWF-Konditionalität ohne inhaltliche Veränderungen. Seine Afrikapolitik – im Wesentlichen ein elitärer Dialog mit afrikanischen Unternehmern und Regierenden – wird bis heute völlig überschätzt.

Einige Namen unter den Kommissionsmitgliedern fallen etwas aus dem Rahmen, so Yingfan Wang aus China, der bislang schon Mitglied der MDG-Gruppe Bans war, Gisela Alonso aus Kuba, die die Kubanische Umweltagentur leitet, Jean-Michel Severino, der reformfreudige ehemalige Direktor der Französischen Entwicklungsagentur, Königin Rania von Jordanien oder Garcia Machel, die Frau von Nelson Mandela. Letztere fungieren beide fast schon als obligatorische Ingredienzen solcherlei Kommissionen, da sich ihre ubiquitären Charity-Aktivitäten auf jeden Fall gut machen.

Ins Auge sticht der hohe Frauenanteil der Kommission. Ob dies jedoch beim Agenda-Setting für eine neue Entwicklungsagenda hilfreich sein wird, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlicher dürfte sein, dass die zahlreichen Regierungsfunktionen der Kommissionsmitglieder und die Regierungsnähe der Kommission insgesamt dazu führen werden, dass am Ende ein Minimalkonsens antizipiert wird, der in der Generalversammlung auf wenig Widerspruch stoßen wird.

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