UN-Entwicklungsagenda: Ban Ki-moons Agenda-Setter
Erwartungsgemäß
hat der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-moon, zum Beginn dieses
Monats eine Hochrangige Kommission ins Leben gerufen, die bis zur zweiten
Hälfte des nächsten Jahres „eine überzeugende, aber praktikable Vision“ für
eine Post-2015-Entwicklungsagenda vorlegen soll (>>> Zeit für eine neue Entwicklungsagenda). Die
UN-Vollversammlung soll dann darüber beraten, was an die Stelle der
auslaufenden Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) treten soll. Dass die
Kommission jedoch wirklich überzeugende Vorschläge und Ideen für eine neue
Entwicklungsagenda produzieren wird, lässt sich schon wegen ihrer
Zusammensetzung bezweifeln.
Als
Vorsitzende des Gremiums firmieren der konservative britische Premierminister
David Cameron, die liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf und mit
Susilo Bambang Yudhoyono aus Indonesien der Präsident eines wichtigen
Schwellenlandes. Auch die meisten anderen 23 Kommissionsmitglieder entstammen
dem arrivierten Politikestablishment ihrer Länder, sei es als Minister (so
Maria Angela Holguin, die Außenministerin Kolumbiens, Patricia Espinosa, die Außenministerin
Mexikos, Ngozi Okonjo-Iweala, die Finanzministerin Nigeria, die bereits als
Kandidatin für die Führung der Weltbank im Gespräch war, Sung-Hwan Kim, der
Außenminister Südkoreas, Gunilla Carlson, die schwedische
Entwicklungsministerin und Emilia Pires, die Finanzministerin Ost-Timors, oder
der amtierende EU-Kommissar Andris Piebalgs), sei es als hohe politische
Berater (etwa Fulbert Gero Amoussouga aus Benin, Elvira Nabiullina aus Russland
oder John Podesta aus den USA).
Auch
sind mit Horst Köhler (Deutschland) und Naoto Kan (Japan) ein ehemaliger
Bundespräsident und ein Ex-Premierminister mit von der Partie. Unglücklicher
hätte die Auswahl wohl kaum sein können, fällt doch in Kans Amtszeit die
Nuklearkatastrophe von Fukushima, weswegen er letztlich zurücktrat. Köhlers
Rücktritt hatte weniger spektakuläre Begleitumstände. Aber seine Wahl zum
Geschäftsführenden Direktor des IWF war die vielleicht fragwürdigste
Personalentscheidung der Schröder/Fischer-Regierung. Seine „Reform“ des IWF
erwies sich bestenfalls als Streamlining der IWF-Konditionalität ohne
inhaltliche Veränderungen. Seine Afrikapolitik – im Wesentlichen ein elitärer
Dialog mit afrikanischen Unternehmern und Regierenden – wird bis heute völlig
überschätzt.
Einige
Namen unter den Kommissionsmitgliedern fallen etwas aus dem Rahmen, so Yingfan
Wang aus China, der bislang schon Mitglied der MDG-Gruppe Bans war, Gisela
Alonso aus Kuba, die die Kubanische Umweltagentur leitet, Jean-Michel Severino,
der reformfreudige ehemalige Direktor der Französischen Entwicklungsagentur,
Königin Rania von Jordanien oder Garcia Machel, die Frau von Nelson Mandela.
Letztere fungieren beide fast schon als obligatorische Ingredienzen solcherlei
Kommissionen, da sich ihre ubiquitären Charity-Aktivitäten auf jeden Fall gut
machen.
Ins
Auge sticht der hohe Frauenanteil der Kommission. Ob dies jedoch beim
Agenda-Setting für eine neue Entwicklungsagenda hilfreich sein wird, bleibt
abzuwarten. Wahrscheinlicher dürfte sein, dass die zahlreichen
Regierungsfunktionen der Kommissionsmitglieder und die Regierungsnähe der Kommission
insgesamt dazu führen werden, dass am Ende ein Minimalkonsens antizipiert wird,
der in der Generalversammlung auf wenig Widerspruch stoßen wird.
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