Nach 19 Jahren: Russland neues WTO-Mitglied
Als
letzte große Ökonomie ist in dieser Woche Russland der Welthandelsorganisation
(WTO) beigetreten. Weltbank-Ökonomen prognostizieren verheißungsvoll, dass die
WTO-Mitgliedschaft dem Land pro Jahr ein Plus von 49 Mrd. Dollar (etwa 3% des
russischen BIP) bringen wird. Doch erst mal wird sich Russland, das sage und
schreibe 19 Jahre lang über die Beitrittsbedingungen verhandelt hat, neue
Konkurrenz aus dem Ausland gefallen lassen müssen. Seine Importzölle müssen von
durchschnittlich 11,5% auf 7% gesenkt werden, während umgekehrt den russischen
Exporten, hauptsächlich Gas und andere Rohstoffe, kaum Handelsbarrieren
entgegen stehen. Allein die russische Stahlindustrie sieht sich ausländischen
Zöllen gegenüber, die das Land aber nur 1,5-2 Mrd. Dollar pro Jahr kosten.
Hinzu
kommt, dass mit dem WTO-Beitritt noch keineswegs jene Handelsbarrieren
beseitigt werden, die auf Seiten der USA seit den Tagen des Kalten Krieges bis
heute fortbestehen („Jackson Vanik accord“). Diese halten US-Unternehmen davon
ab, den Russen den Status eines normalen Handelspartners einzuräumen. Experten
gehen daher davon aus, dass die Bedeutung des russischen WTO-Beitritts
ökonomisch kaum ins Gewicht fällt.
Als
„Zeichen des Vertrauens“ in seine Organisation hat WTO-Generaldirektor Pascal
Lamy den Beitritt Russlands gepriesen. Eher andersherum lautet allerdings das
Thema des diesjährigen WTO-Symposiums, das im September unter der Frage
stattfindet: „Ist der Multilateralismus in der Krise?“ Angesichts der Tatsache,
dass es jetzt schon seit über zehn Jahren keine nennenswerten
Liberalisierungsfortschritte im Rahmen des WTO-Multilateralismus mehr gibt, eine
allzu berechtigte Frage. Und es ist zweifelhaft, ob ein paar Nachzügler (neben
Russland ist diese Woche noch Vanatu beigetreten) dieser Art des
Multilateralismus neues Leben einhauchen können.
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