Griechische Ueberraschung ueberschattet Gipfel
Damit hatte hier wohl keiner gerechnet, weder die Gipfelkritiker auf dem Alternativgipfel in Nizza noch die Heerschar der offiziellen Delegationen in Cannes. Die Überraschung war perfekt, als der griechische Ministerpräsident George Papandreou ankündigte, über das letzte Woche beschlossene jüngste Rettungspaket von EU und IWF für Griechenland ein Referendum abzuhalten. Natürlich ist es völlig legitim, wenn ein Politiker dem Volk die letztliche Entscheidung über ein so einschneidendes Maßnahmenpaket überlässt. Aber wie bestimmte Oppositionspolitiker in Deutschland, die jetzt die Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken fordern, sich fragen lassen müssen, ob sie dies nicht auch schon wussten, als sie noch an der Regierung waren, muss die Frage erlaubt sein, warum Papandreou dies nicht schon in der vergangenen Woche auf dem EU-Gipfel in Brüssel ansprach.
Die neue Eurokrise 2.0, die jetzt sicherlich kommen wird, belastet den G20-Gipfel in mehrfacher Weise, noch bevor er überhaupt begonnen hat. Die G20 hatte gehofft, dass Europa seine Probleme im Grundsatz noch vor dem Gipfel lösen würde, um bei den Hauptgipfelthemen, etwa der Finanzmarktregulierung, dem Umgang mit systemrelevanten Banken (SIFIs) und dem Ausgleich zwischen Überschuss- und Defizitländern, voranzukommen. Die griechische Überraschung kommt jetzt der Aufforderung „Zurück zum Start“ gleich.
Auch die ehrgeizige französische G20-Agenda mit dem Ziel eines neuen internationalen Währungssystems dürfte jetzt weiter entgleisen (>>> Der Gipfel von Cannes: Der Lack ist ab). Wie soll von Europa der Schwung zur Reform des globalen Währungssystems ausgehen, wenn die eigene Gemeinschaftswährung voller Konstruktionsfehler ist und deshalb von der einen zur nächsten Krise strauchelt? – Man wird abwarten müssen, was die Krisentreffen von Sarkozy, Merkel, Barroso, Papandreou und der Chefs diverser internationaler Organisation heute am frühen oder späteren Vorabend des Gipfels ausrichten werden. Die Rücknahme des griechischen Referendums wird man von Papandreou nicht erwarten können – es sei denn man wollte ihn gleich für politisch tot erklären. Bei den Protestlern gestern in Nizza ist er mit seiner Entscheidung jedenfalls auf neue Sympathie gestoßen.
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