Stark! Die Hardliner gehen, und wer kommt?
Nicht einmal beim Abgang von Bundesbank-Präsident Axel Weber vergossen die finanzhörigen Massenmedien so viele Tränen wie über den Rücktritt des Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark an diesem Wochenende. Stark galt vielerorts als (fast) letzter Stabilitätsanker in einer EZB, die unter dem Druck der Eurokrise immer mehr vom rechten geldpolitischen Kurs abkommt. An den Finanzmärkten wurde er deshalb gelegentlich auch „der deutsche Schäferhund“ genannt. Stark war gegen den Aufkauf der Staatsanleihen bedrängter Euroländer durch die EZB, und natürlich war er auch gegen Eurobonds. Dabei ist die EZB mit dem Ankauf von Anleihen nur in die Bresche gesprungen, die durch das Versagen der Politik entstanden war.
Doch was für ein Stabilitätsapostel geht da eigentlich? Stark steht als Monetarist für das einseitigste Stabilitätskonzept, das sich überhaupt denken lässt, das der reinen Geldwertstabilität. Als Verfechter einer strikt antiinflationären EZB-Politik steht er natürlich vor allem bei den Geldkapitalbesitzern hoch im Kurs. Starks Konzept besteht letztlich darin, die Krise durch Depression zu bekämpfen. Dabei ist selbst der Vertrag von Maastricht, dem auch die EZB verpflichtet ist, mit dem Motto „Für Stabilität und Wachstum“ überschrieben. Von anderen Zentralbanken, wie der US-amerikanischen FED, die auch der Beschäftigungsentwicklung verpflichtet sind, wollen wir hier gar nicht erst reden.
Es ist oft so, dass Dogmatiker über ihr eigenes Dogma fallen, wenn dieses durch die Realität über den Haufen geworfen wird. Ob der zum Nachfolger Stark nominierte deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen besser mit der Realität der Eurokrise klar kommen wird? Vielleicht. Doch der Kontinuitätsbruch ist nicht so groß wie von der Wirtschaftspresse betrauert. Denn Asmussen gilt zwar als pragmatisch und unideologisch, was man jedoch nur gelten lassen kann, wenn man den Neoliberalismus nicht für eine Ideologie hält. In Wirklichkeit entstammt er trotz SPD-Parteibuch derselben Seilschaft, aus der auch der ehemalige Berater der Bundeskanzlerin stammt, Jens Weidmann, der auf Weber an der Spitze der Bundesbank und im EZB-Rat gefolgt ist. Beide sind Ziehkinder und Schüler von Axel Weber und kommen aus der „Bonner Schule“ der „Ordnungspolitik“ (>>> Deutschlands verwirrende Rolle in der Eurokrise). Asmussen, der unter SPD-Finanzminister Eichel ein gigantisches Deregulierungswerk in Szene setzte, um hernach unter Steinbrück und Schäuble als Krisenmanager zu agieren, hat gezeigt, dass er mehreren Herren dienen kann (>>> Die Schattenregierung; >>> Schattenmann Asmussen unter Beschuss). Vielleicht vollzieht er ja eine ähnliche Korrektur wie Steinbrück, der seit neuestem nicht nur für Eurobonds, sondern für die Transformation der Europäischen Währungsunion zu einer Transferunion ist.
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