Was macht eigentlich die G20?
Die Welt steht erneut am Abgrund einer Finanzkrise. Doch von der G20, die sich vorletztes Jahr als „das führende Forum für unsere internationale wirtschaftliche Zusammenarbeit“ selbst inthronisiert hat, ist weit und breit nichts zu sehen. Fast nichts, um gerecht zu sein. Denn im Ergebnis des hektischen Telefon-Krisenmanagements vom Wochenende fabrizierten auch die Finanzminister und Notenbankpräsidenten der G20-Länder ein klitzekleines Statement, wonach sie „alle notwendigen Initiativen ergreifen“ würden, um die Stabilität der Weltwirtschaft auf koordinierte Weise sicherzustellen. Das Statement war noch kürzer als eine ähnliche Stellungnahme, die die G7-Finanzminister kurz zuvor abgegeben hatten.
Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Statur und das Gewicht unserer real existierenden Global Governance, dass „die Märkte“, wie das Finanzystem in fast mystischer Verbrämung seit geraumer Zeit genannt wird, weder von der einen noch von der anderen Erklärung irgendwie beeindruckt waren. Die entscheidenden Akteure auf der internationalen Bühne sind denn auch andere. Zum Beispiel die Rating-Agenturen, wie Standard & Poor: Deren Herabstufung der US-Bonität von AAA auf AA+ hat nicht nur den Abwärtstrend an den Weltbörsen erneut beschleunigt, sondern gilt auch (ungeachtet seiner Berechtigung) als weiterer Beleg für den langfristigen Abstieg der USA als führender Wirtschaftsmacht. Oder auch die Europäische Zentralbank (EZB): Deren neues Bond-Aufkaufprogramm brachte (zumindest vorübergehend) deutliche Erleichterung für Spanien und Frankreich in dem Bemühen, den staatlichen Schuldendienst in Grenzen zu halten.
Es ist mehr als bemerkenswert, dass bis heute keiner außer dem Internationalen Gewerkschaftsbund die Einberufung eines Sondergipfels der G20 gefordert hat. Ein solcher Gipfel hätte durchaus einiges an Unerledigtem zu erledigen: Niemals mehr wollten sich die G20-Regierungen, so proklamierten sie vor knapp zwei Jahren in Pittsburgh, in eine Situation bringen lassen, in der die Finanzmärkte ihnen die Wirtschaftspolitik diktieren. Kein Bereich der Finanzmärkte sollte unreguliert bleiben. Rating-Agenturen sollten in ihrer Macht eingeschränkt werden. Und heute? Wie angeschossene Hasen lassen sich die Regierungen von „den Märkten“ vor sich hertreiben. CDOs, CDSs und Leerverkäufe feiern nach wie vor fröhliche Urständ‘ als Wettinstrumente gegen ganze Staaten. Weite Teile des Schattenbanken-System entziehen sich nach wie vor jeder staatlichen Regulierung. Die Liste ließe sich verlängern. Doch die Krise muss wahrscheinlich noch tiefer werden, damit die Liste endlich abgearbeitet wird.
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