Der EWF und das deutsche Problem
Als leicht zu durchschauendes Ablenkungsmanöver bewerten Heiner Flassbeck und Friederike Spiecker in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Rundschau den seit dem letzten Wochenende kursierenden Vorschlag zur Schaffung eines Europäischen Währungsfonds (EWF). So könne man ungehindert damit fortfahren, nur über die Defizite der anderen zu diskutieren, nicht aber über die eigenen Überschüsse. „Auf diese Weise kann man dann – sogar mit dem Odium der Objektivität einer internationalen Institution versehen – die alte und falsche Politik propagieren, statt nach den eigenen Fehlern zu fragen.“
Eher ironisch nähert sich der Chefkommentator der Financial Times, Martin Wolf, heute dem deutschen Problem in der EU: „Leider geht die deutsche Debatte davon aus, dass die Antwort für jedes Mitglied (der Eurozone) darin besteht, so wie Deutschland zu werden. Doch Deutschland kann nur deshalb Deutschland sein – eine Ökonomie mit fiskalischer Disziplin, schwache einheimischer Nachfrage und hohen Exportüberschüssen – weil andere dies nicht sind. Sein derzeitiges Wirtschaftsmodell verletzt das Universalitätsprinzip des größten deutschen Philosophen, Immanuel Kant.“
Und bezogen auf die aktuelle Krise der Eurozone: „Deutschland sitzt in der Falle seiner eigenen Ratschläge. Es will, dass seine Nachbarn möglichst wie es selbst sind. Sie können es aber nicht, weil Deutschlands mangelnde Binnennachfrage nicht universalisiert werden kann. Ein anderer großer deutscher Philosoph, Hegel, hätte vielleicht gesagt, die deutsche These verlange nach der spanischen Antithese. Jetzt, wo die private Blase geplatzt ist, besteht die Synthese im fiskalischen Desaster der Eurozone. Die Ironie liegt darin, dass Deutschland weniger deutsch werden muss, wenn die Eurozone deutscher werden soll.“
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