G7-Finanzminister: Bremsertruppe in arktischer Kälte
Diesmal war es nicht die Angst vor den sog. Globalisierungsgegnern, die die kanadische Regierung veranlasste, das G7-Finanzministertreffen an einem abgelegenen Ort abzuhalten. Vielmehr wollen die Kanadier vor allem den Europäern die Tradition des Robbenfangs und den Verzehr von Robbenfleisch vertraut machen – eine kleine Provokation, wenn man weiß, dass letzteres in der EU in diesem Jahr verboten werden soll. Daneben soll die unbeschreibliche Kälte am Tagungsort Iqaluit in der kanadischen Arktis dazu genutzt werden, die G7-Tradition der Kamingespräche wiederzubeleben. Formale Beschlüsse und ein Abschlusskommuniqué sind nicht vorgesehen. Dennoch findet das Treffen zu einem interessanten Zeitpunkt statt.
Während die Finanzlobbyisten ihren Widerstand gegen tiefgreifende Reformen des Weltfinanzsystems derzeit verschärfen, liegt der Zweck der G7-Gespräche heute und morgen darin, die Positionierung für den G20-Gipfel im Juni, der ebenfalls in Kanada stattfindet, vorzubereiten. Wohin die Reise gehen könnte, wurde zuletzt am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums deutlich. Zentral in der Strategie der Bremer ist derzeit, die Fragen der Regulierung und Reform der Finanzmärkte möglichst hinter verschlossenen Türen zu diskutieren, etwa in dem von der G20 geschaffenen Financial Stability Board (FSB) oder dem Baseler Bankenausschuss. Nachdem die Regierungen der USA, Frankreichs und auch Großbritanniens teils weitreichende Änderungen angekündigt haben, favorisieren zentrale Finanzmarktakteure nun plötzlich einen multilateralen Prozess – in der Hoffnung, dass dieser sich lange hinziehen und genug Gelegenheit geben wird, die Vorschläge zu verwässern.
In dieser Situation wären die Regierungen und ihre Finanzminister gut beraten, auf das Tempo zu drücken. Sie sollten, wie kurz vor dem Treffen in Iqaluit auch der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) erklärt hat, z.B. ihre Unterstützung für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und gegebenenfalls auch einer Versicherungsabgabe für den Bankensektor erklären und Hedge- und Beteiligungsfonds („private equity“) einer angemessenen regulatorischen Kontrolle unterstellen. Der FSB, der zum Thema Boni arbeitet, hat dazu ausgerechnet die Banken selbst konsultiert, ist aber zu keinen Konsultationen mit zivilgesellschaftlichen oder gewerkschaftlichen Organisationen bereit, wie der IGB beklagt.
Unklar ist derzeit auch, wie der FSB die G20-Entscheidungen gegenüber Steueroasen umzusetzen gedenkt, wie er minimale Transparenz- und Rechenschaftsstandard für Hedgefonds und Private-Equity-Firmen herstellen will oder welche Regulationen über die Anhebung der Rücklagevorschriften für Banken hinaus – ein Prozess, der Jahre dauern wird – vorgesehen sind. Es ist kaum zu erwarten, dass die Finanzminister oder gar die Notenbankchefs aus der Arktis Signale senden werden, wie sie dem Backlash der Banker entgegentreten wollen. Eher steht zu befürchten, dass sie wieder einmal selbst auf die Bremse treten werden.
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