Kapitalverkehrskontrollen: Wachsende Aufgeschlossenheit
Parallel zum steigenden Interesse an der Tobin-Steuer bzw. einer generellen Finanztransaktionssteuer, die auf den Handel mit allen Finanztiteln erhoben wird, hat sich eine Diskussionslinie zu einem weiteren Instrument der Finanzmarktregulierung ausgebildet, zu Kapitalverkehrskontrollen (KVKs). KVKs wären vor über zehn Jahren, kurz vor der Asienkrise durch den Liberalisierungswahn des IWF fast auf den Index gekommen und – obwohl in den IWF Articles of Agreement als Möglichkeit verankert – verboten worden. Doch jetzt scheint sich ein nüchtern-pragmatisches Verhältnis zu ihrem Einsatz mehr und mehr durchzusetzen. Hintergrund ist die erneute Kapitalflut in die Emerging Markets, die gespeist wird durch den sog. Dollar-Carry Trade, bei dem Spekulanten billige Dollars aufnehmen, um sie in Ländern und Finanzprodukten mit höherer Rendite gewinnbringend anzulegen.
Es begann Ende Oktober mit der Einführung einer Steuer auf hereinströmende Portfolioinvestitionen, um den Aufwertungsdruck auf den Real abzubremsen. Taiwan und China verfügten ähnliche Kontrollen. Und auch in Indien, Thailand, Indonesien und Südkorea gab es eine lebhafte Debatte über KVKs. Teils erfolgten die Maßnahmen halbherzig und scheibchenweise (Brasilien), teils wurde schließlich doch nichts unternommen, weil KVKs immer noch ein Stigma auf den Kapitalmärkten anhaftet und Kapitalflucht befürchtet wird. Protagonisten von KVKs wie Dani Rodrik oder Arvind Subramanian haben den IWF deshalb wegen zögerlicher Zurückhaltung kritisiert (>>> Renaissance von Kapitalverkehrskontrollen: Warum ist der IWF so stur) oder ihn aber aufgefordert, den Schwellenländern bei der Einführung von KVKs Expertise zur Verfügung zu stellen. Arvind Subramanian vom Peterson Institute in Washington hat die Schwellenländer darüber hinaus aufgefordert, die G20 als Koordinationsforum bei der Einführung von KVKs zu nutzen (>>> Time for coordinated capital account controls?).
Während noch unklar ist, ob die G20 ein geeignetes Gremium in dieser Frage sein könnte, nimmt der IWF inzwischen eine pragmatischere Rolle ein als zu Beginn, als sein Geschäftsführender Direktor Strauss-Kahn offen sagte, er halte KVKs für kein effektives Instrument. In einer Rede in London sagte Strauss-Kahn in der letzten Woche, KVKs könnten Teil eines politischen Instrumentenkastens sein, den Länder gegenüber externen Kapitalflüssen zum Einsatz bringen. Er betrachte das als pragmatische Frage und der Fonds sei hier „völlig offen“. Er ist langsam, aber es gibt ihn also, den Lernprozess beim IWF.
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