26. September 2009

Nach der Selbstetablierung der G20: Von Pittsburgh nach Istanbul

Der G20-Gipfel in Pittsburgh ist vorbei. Der Zirkus der Wirtschafts- und Finanzdiplomatie zieht jetzt weiter zur nächsten Baustelle, nach Istanbul, wo in der kommenden Woche die Jahrestagung von IWF und Weltbank beginnt. Derweil sitzen die Analysten aller Länder über dem umfänglichen Kommuniqué, das die Staats- und Regierungschefs gestern verabschiedet haben. Es ist detaillierter als erwartet und substantieller als so manches Dokument, das die G7/G8 in der Vergangenheit produziert haben.


Dennoch ist es ein typischer Kompromiss: Um Amerikaner und Briten zu erfreuen, kommen die Begriffe ‚framework‘ und ‚compact‘ vor. Um die Deutschen und die Schwellenländer nicht zu verprellen, fehlen bindende Mechanismen, die die Mitgliedsländer zwingen könnten, die Beschlüsse der G20 künftig zu befolgen. In Bezug auf den IWF wurde beschlossen, 5% der Stimmrechte an die Schwellen- und Entwicklungsländer zu transferieren; der Konflikt um die Direktorenposten im Vorstand (>>> Stunde der Wahrheit für Europa) wurde vorerst unter den Teppich gekehrt. Ob mit Pittsburgh wirklich ein neues Zeitalter der ökonomischen Kooperation eröffnet und der Durchbruch zu einer neuen Weltfinanzordnung geschafft wurde, wie alle schnell und vollmundig betonen? Wahrscheinlich selbst dann nicht, wenn die zahlreichen Ankündigungen des Abschlussdokuments diesmal nicht im Sande verlaufen würden.

Das wichtigste Ergebnis von Pittsburgh ist wohl, dass sich die G20 selbst etabliert haben als das zentrale Machtzentrum, in dem künftig die internationale Koordinierung von Wirtschafts- und Finanzpolitik stattfindet. Die Rolle der G8 wurde damit definitiv besiegelt. Das entspricht den globalen ökonomischen Kräfteverschiebungen der letzten Jahre, ist aber kein inklusives Global-Governance-Modell. Während die G20 zwar 85% der Weltwirtschaftsleistung repräsentieren, sind die restlichen 85% der Staaten auf die Vereinten Nationen als Plattform der Kooperation verwiesen. Das ist nicht das einzige Problem, das der institutionelle Fortschritt hin zur G20 aufwirft. G20 bedeutet auch eine neue Dreiteilung der Welt: die entwickelten, die aufstrebenden und die wirklich armen Länder. Viel Stoff für Analyse und Diskussion fürwahr…

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