G8 vor Glaubwürdigkeitskrise: Spiel mit 5 Millionen Menschenleben
Einen ersten Glaubwürdigkeitstest im diesjährigen Reigen der G8-Treffen sehen NGOs wie Oxfam an diesem Wochenende, wenn sich die Finanzminister im Rahmen der japanischen G8-Präsidentschaft in Osaka treffen. Ein von Oxfam veröffentlichter Bericht Credibility Crunch: Food, Poverty and Climate Change – An agenda for rich country leaders weist darauf hin, dass ein Loch von 30 Mrd. US-Dollar gestopft werden muss, wenn die G8 ihren Versprechen aus den vergangenen Jahren gerecht werden wollen. Im Jahre 2005 haben die G8 in Gleneagles ein Wachstum der Entwicklungshilfe um 50 Mrd. US-Dollar jährlich zugesagt, doch die jetzt entstandene Entwicklungshilfe-Lücke wird 5 Millionen Menschenleben kosten, sagt Oxfam. Dabei geht die Hilfsorganisation davon aus, dass mit dem von der OECD im April bestätigten Rückstand von 30 Mrd. US-Dollar allein 2010 überlebenswichtige Hilfeleistungen für 5 Millionen Kinder, Mütter und an HIV/AIDS Erkrankte zur Verfügung gestellt werden könnte, wenn man die Bedarfssätze internationaler Organisationen wie WHU und UNAIDS zugrunde legt.
In Osaka treffen sich an diesem Wochenende „dieselben Minister, die in sechs Monaten mehr als eine Billion Dollar ausgaben, um ihre eigenen Banken zu retten, doch sie sind nicht in der Lage, einen Bruchteil davon für die Rettung von Menschenleben abzuzweigen“, erklärte der Autor des Oxfam-Reports, Max Lawson. Die drohende Rezession dürfe keine Ausrede sein, um von den gegebenen Versprechen abzurücken.
Der Oxfam-Bericht ruft die G8 dazu auf, der derzeitigen Nahrungsmittelkrise mit energischer Nothilfe zu begegnen und sicherzustellen, dass dieses Geld – einschließlich der in der letzten Woche auf dem Gipfel in Rom zugesagten 6 Mrd. US-Dollar – zusätzlich zu den bereits zugesagten Hilfeleistungen zur Verfügung gestellt wird. In dem Bericht wird die anteilige Verantwortung der Biosprit-Expansion für den aktuellen Anstieg der Nahrungsmittelpreise auf 30% beziffert. In Bezug auf den Klimawandel weist Oxfam darauf hin, dass viele Zusagen an die armen Länder zur Milderung der Konsequenzen des Klimawandels einfach Umwidmungen bestehender Entwicklungshilfe-Budgets sind. – In der Tat sehen sich die Entwicklungsländer derzeit einer dreifachen Ungerechtigkeit gegenüber: Sie zahlen den Preis für die Erdverschmutzung durch die reichen Länder. Das wenige Geld, das ihnen als Kompensation zugesagt wird, zweigt man von der bereits zugesagten und bitter notwendigen Entwicklungshilfe ab. Und als Krönung verlangt der Norden dann, dieses Geld mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen.
1 Kommentar:
Dazu passt auch Barbara Unmüßigs Hinweis aus dem Thesenpapier:
“Heute ist Entwicklungspolitik häufig selbst Teil des Problems ... Repräsentanten und Repräsentantinnen aus vielen Entwicklungsländern erreichen nicht zuletzt deshalb mit ihrer Forderung nach einem Stopp der Entwicklungshilfe in ihrer jetzigen Form prominente Öffentlichkeit.”
Kennen Sie diesbezüglich noch andere Menschen außer Prof. Dr. Harald Lesch mit seiner Frage “Gibt es das perfekte Verbrechen?” im ZDF am 06.10.2010?
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