10. August 2020

Next Generation EU? Solidaritaet mit den Deutschen!

Gastkommentar von Yanis Varoufakis

Während der schlimmsten Auseinandersetzungen zwischen der griechischen und der deutschen Regierung mitten in der Eurokrise versuchte ein offizieller Vertreter Deutschlands, mir auszureden, auf einen Schuldenerlass für Griechenland zu beharren. Er tat das mit dem Argument, dass Deutschland zwar reich sein mag, aber eine Mehrheit der Bevölkerung arm sei. In diesem letzten Punkt hatte er recht. Ein Kommentar von zum Wiederaufbau-Fonds der EU.

Eine
kürzlich durchgeführte Studie bestätigte, dass die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands nur 1,5% der Vermögenswerte des Landes besitzt, während sich 20% des Vermögens im Eigentum der obersten 0,1% der Bevölkerung befinden. Und die Ungleichheit verschärft sich. Während der letzten zwei Jahrzehnte ist das real verfügbare Einkommen der ärmsten 50% gesunken, während die Einkünfte des obersten 1% gemeinsam mit Immobilienpreisen und Aktienkursen rasch angestiegen sind.

● Vertiefte Spaltung in Europa

Die Stimmung in der deutschen Öffentlichkeit, insbesondere der Widerstand der Bevölkerung gegen die Idee einer Fiskalunion in der Eurozone, muss vor dem Hintergrund dieser starken und zunehmenden Ungleichheit verstanden werden. Die deutschen Arbeiter, die zunehmend Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen, verweigern sich verständlicherweise der Idee, ständig riesige Geldsummen in Richtung der  Bürger anderer Länder fließen zu lassen. Die Tatsache, dass Deutschland insgesamt reicher wird, ist für sie irrelevant. Aus Erfahrung wissen sie, dass alles nach Italien oder Griechenland fließende Geld wohl von ihnen kommen wird und nicht von den obersten 0,1% – ganz abgesehen davon, dass es wahrscheinlich in den Taschen widerlicher griechischer Oligarchen oder privater deutscher Unternehmen landen wird, die griechische Vermögenswerte für ein Butterbrot erworben haben.

Aus diesem Grund droht der kürzlich vereinbarte, als Next Generation EU bekannte und mit 750 Mrd. € dotierte Pandemie-Wiederaufbau-Fonds der Europäischen Union,
die Trennlinien innerhalb Europas eher zu vertiefen
, anstatt als Balsam der Einheit zu wirken, wie sich das zahlreiche Kommentatoren erträumen....


... den vollständigen Kommentar finden Sie >>> hier.

23. Januar 2020

UN-WEF: Fatale Partnerschaft

Die Vereinten Nationen und das Davoser Weltwirtschaftsforum haben eine weitreichende Partnerschaft vereinbart. Die UN-Mitgliedsstaaten wurden hierzu vorab nicht konsultiert. Heiner Flassbeck, ehem. Direktor der United Nations Conference on Trade and Development (UNCTAD), spricht anlässlich des Treffens in Davos von einer “fatalen Verbindung”. FIAN International, Friends of the Earth, Action Aid und 240 weitere Organisationen fordern, die Kooperation zu stoppen – zu Recht!


Vor vier Jahren beschloss die Staatengemeinschaft die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung (SDG). Hierzu gehören die Beendigung von Armut, Hunger und Erderwärmung sowie die Gleichstellung der Geschlechter. Hunger, Umweltprobleme und der Klimawandel haben sich seitdem jedoch weiter verstärkt, zumeist aufgrund der rücksichtslosen Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen. Dennoch hat UN-Generalsekretär António Guterres zur Umsetzung der SDGs eine weitreichende Partnerschaft besiegelt – ausgerechnet mit dem World Economic Forum (WEF). Weder Gewerkschaften noch Menschenrechtsorganisationen und Umweltverbände besitzen einen vergleichbaren Zugang zu den UN.

Wie Philipp Mimkes, Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland hervorhebt, kann „eine Lobbyorganisation kein gleichberechtigter Partner der Staatengemeinschaft sein. Die 100 größten Konzerne, die für zwei Drittel des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich sind, werden nicht radikal umdenken und ihr Geschäftsmodell gefährden. Genauso wenig wird eine Kooperation mit der Finanzindustrie, deren Aktivitäten zu großen Teilen der Steuerflucht dienen, zur Überwindung der Armut führen. Vielmehr ist zu erwarten, dass die Lobbyverbände ein Engagement für nachhaltige Entwicklung vortäuschen und hierdurch bindende Regulierungen verhindern wollen“. Zudem sei zu befürchten, dass die fortschreitende Ausrichtung der UN auf eine unternehmerische Handlungslogik zu einer Delegitimierung der Vereinten Nationen führt.

Das vierseitige Memorandum vom Juni 2019, das die „Partnerschaft“ besiegelt, trägt ausschließlich das Logo des Weltwirtschaftsforums und wurde lediglich auf der Website des WEF veröffentlicht – der Verdacht liegt nahe, dass die Blaupause aus Davos stammte. Vereinbart wurde eine Kooperation in sechs zentralen Bereichen, darunter Klimawandel, Digitalisierung, Gesundheit und Gleichberechtigung der Geschlechter. Die Abmachung sieht vor, dass sich die Vereinten Nationen bereits in der Planungsphase neuer Programme und Strategien mit dem WEF abstimmen. Die UN selber veröffentlichten weder das Memorandum noch Erläuterungen zu seiner konkreten Ausgestaltung.

FIAN International und das Transnational Institute fordern in einem von 240 Organisationen unterstützten Offenen Brief an denUN-Generalsekretär eine Aufkündigung der Kooperation, da diese die in der UN-Charta definierten Ziele gefährde. Die Unternehmen würden „ihren exklusiven Zugang nutzen, um sich für gewinnbringende „Lösungen“ globaler Probleme einzusetzen und zugleich echte und im öffentlichen Interesse liegende Verfahren zu untergraben“, heißt es in dem Brief. Hierdurch würde das vom WEF seit vielen Jahren verfolgte Ziel, die Regulierung der Wirtschaft durch gleichberechtigte Multistakeholder-Verfahren zu ersetzen, befördert. Die Initiatoren des Briefs fordern stattdessen wirksame Maßnahmen gegen Interessenskonflikte und eine Ausrichtung auf die ursprünglichen Ziele der UN.