Fehlleistung: Infrastruktur als Anlageklasse
Neben einer Kritik an Hyperglobalisierung, Handelskriegen und
Freihandelswahn feuert der letzte Woche veröffentlichte Trade and Development
Report der UNCTAD (>>> Von der Hyperglobalisierung zum Handelskrieg?) auch eine Breitseite auf das derzeit
favorisierte Muster an Infrastrukturinvestitionen ab. Diese seien nicht
notwendigerweise geeignet, die Entwicklungsländer bei der Transformation ihrer
Ökonomien und der Erlangung nachhaltigen Wohlergehens zu unterstützen. Eine
Analyse von über 40 Entwicklungsplänen von Entwicklungsländern und LDCs (den
ärmsten Ländern) hat ergeben, dass die Betonung in der Regel zu sehr auf
Infrastruktur als einer Geschäftsmöglichkeit liegt und zu wenig auf der
Verbindung mit struktureller Transformation bzw. Umgestaltung.
Trotz der Darstellung von Infrastrukturausgaben als
Instrument für traditionelle öffentliche Güter wie Fernstraßen, Häfen und
Schulen, verunglimpft die politische Debatte oft den öffentlichen Sektor und
preist die Rolle des Privatkapitals sowie die (oft undurchsichtigen)
Finanzierungsmethoden, so der Bericht. Es sei ein langer Weg bis zu der
Erzählung, die Infrastruktur zum zentralen Baustein erfolgreicher
Industrialisierung macht, vom Großbritannien des 18. Jahrhunderts bis zum China
des 21. Jahrhunderts. Dieser entscheidende Link zwischen Infrastruktur und
Industrialisierung sei im Diskurs über die „Bankfähigkeit“ („bankability“) von
Projekten untergegangen, während die Umformung der Infrastruktur zu einer
finanziellen Anlageklasse für internationale institutionelle Investoren (wie es
derzeit das Projekt der argentinischen G20-Präsidentschaft ist) den Bereich für
renditesuchendes Verhalten geöffnet habe.