Zuerst war er das letzte Aufgebot der Bush-Leute, als ihr Hardliner Wolfowitz aus dem Ruder gelaufen war. Dann, nach dem Wahlsieg Obamas, war er der letzte Wachmann der Republikaner auf einem hohen internationalen Posten, allerdings im moderaten Format, so dass heute auch Demokraten lobende Worte für den zum 30. Juni aus dem Amt scheidenden Weltbank-Präsidenten finden. Robert Zoellick hat in den fünf Jahren seit 2007 einige Dinge gemacht, für die ihm Anerkennung gezollt werden: Unter ihm wurde die seit Jahrzehnten vernachlässigte ländliche Entwicklung wieder in den Vordergrund gerückt; er hat erstmals einen chinesischen Heterodoxen (nach eigener Aussage halb Marxist, halb Keynesianer), Justin Lin, zum Chefökonomen der Bank gemacht; und unter seiner Ägide ist erstmals ein Weltentwicklungsbericht der Weltbank zum Thema „Gender“ herausgekommen (dazu demnächst mehr in W&E).
Aber wie die Chefin des etablierten entwicklungspolitischen Think Tank der Demokraten, Nancy Birdsall vom Centre for Global Development, sagt, ist die Weltbank immer noch eine Institution des 20. Jahrhunderts (wie eine solche des 21. Jahrhunderts aussehen könnte, sagt sie freilich nicht). Obwohl teilweise vom Washington Consensus abgerückt wurde, ist eine grundlegender Wandel on the ground nicht wirklich spürbar. Obwohl Armutsbekämpfung und Umweltschutz mehr denn je hochgehalten werden, nehmen Großprojekte und fossile Energieprogramme nach wie vor einen privilegierten Platz im Portfolio der Bank ein.
Zwar hat Zoellick ausgerechnet in der globalen Finanzkrise die erste Kapitalerhöhung der Weltbank seit Jahrzehnten durchgezogen und auch mehr Geld für die soft-loan-Filiale IDA akquiriert. Aber in Lateinamerika vergeben die Chinesen inzwischen mehr Kredite als die Weltbank, die Interamerikanische Entwicklungsbank und die US-Ex-Im-Bank zusammengenommen. Etwas bizarr fielen zuweilen die Beiträge Zoellicks zur Debatte um die Finanzkrise aus, z.B. sein Plädoyer, bei der Bewertung von Währungen künftig den Goldpreis wieder stärker zu berücksichtigen.
Zoellick behauptet, die Weichen dafür gestellt zu haben, dass der Präsidentenposten der Weltbank künftig in einem offenen, transparenten und qualifikationsorientierten Verfahren besetzt werden kann. Doch bislang gibt es keine Erklärung der USA, auf ihr überkommenes Privileg, den Kandidaten für dieses Amt zu bestimmen, zu verzichten. Im Gegenteil: Das US-Finanzministerium lies bereits verlauten, bald schon einen geeigneten Kandidaten ins Gespräch zu bringen. So ist es zwar ein bisschen ritualhaft, aber dennoch voll gerechtfertigt, dass eine internationale Koalition von NGOs sich umgehend nach der Rücktrittsankündigung Zoellicks mit einem Offenen Brief zu Wort gemeldet hat, in dem gefordert wird, dass der nächste Weltbank-Präsident nicht nur in einem offenen Verfahren gewählt werden, sondern auch unter den Nehmerländern der Bank eine Mehrheit haben muss.