CETA-Unterzeichnung: Vorschnelle Freude?
Haben sich die CETA-Kritiker zu früh gefreut, als es in der letzten
Woche vorübergehend so aussah, als würde das Abkommen am Widerstand der
Wallonie scheitern? Ja und nein. Die Unterzeichnung am letzten Sonntag soll
sicherlich den Eindruck wiederhergestellter Normalität vermitteln – so als ob
es normal sei, dass ein kanadischer Premierminister und zwei Spitzenfunktionäre
der EU, Juncker und Tusk, ein Abkommen unterschreiben, das tief in die
Wirtschafts- und Sozialpolitik der betroffenen Bevölkerungen eingreift.
Andererseits ist das Abkommen längst noch nicht in sicheren Tüchern. Selbst
wenn das Europaparlament demnächst zustimmt und CETA, vor allem die
handelspolitischen Bestimmungen im engeren Sinne, vorläufig in Kraft treten –
um endgültige Gültigkeit zu erlangen, muss es noch von 28 EU-Staaten ratifiziert
werden; über regionale und nationale Parlamente müssen gefragt werden und zustimmen.
Die Auseinandersetzungen um CETA gehen auch deshalb weiter,
weil noch vor zwei wichtigen Gerichten, dem Bundesverfassungsgericht und dem
Europäischen Gerichtshof, Verfahren anhängig sind. Im Mittelpunkt dabei steht
die Frage, ob die nach wie vor vorgesehene Paralleljustiz für private Investoren
überhaupt mit deutschem und europäischem Verfassungsrecht vereinbar ist. Zwar
sollen diese Gerichte bzw. Schiedsstellen jetzt öffentlichen Charakter haben
und keine Privatveranstaltungen der Konzerne mehr sein; und die Richter sollen
von Kanada und den EU-Staaten bezahlt werden. Doch es bleibt das Faktum, dass
die neuen Gremien außerhalb des bestehenden nationalen und internationalen
Rechtssystems existieren werden.
Unklar ist auch, ob die CETA-Standards die Globalisierung
der nächsten Jahre bestimmen werden, wie Kommissionspräsident Juncker nach der
Unterzeichnung vollmundig meinte. Sollte das CETA-Abkommen wirklich so „progressiv“
sein und auf die sozialen und ökologischen Belange der Menschen Rücksicht
nehmen, wie Juncker, Gabriel und Schulz unisono meinen, dann könnte es auch genau
andersherum kommen: Dann wäre CETA womöglich das erste und letzte Handelsabkommen
der neuen Generation und der Sargnagel für TTIP, TPPA und all die anderen
Verträge, an die die Protagonisten nun wirklich ganz andere Interessen knüpfen
als den Schutz sozialer und umweltpolitischer Errungenschaften. Der Kampf um
eine faire Handelspolitik geht also weiter.
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