1. November 2016

CETA-Unterzeichnung: Vorschnelle Freude?

Haben sich die CETA-Kritiker zu früh gefreut, als es in der letzten Woche vorübergehend so aussah, als würde das Abkommen am Widerstand der Wallonie scheitern? Ja und nein. Die Unterzeichnung am letzten Sonntag soll sicherlich den Eindruck wiederhergestellter Normalität vermitteln – so als ob es normal sei, dass ein kanadischer Premierminister und zwei Spitzenfunktionäre der EU, Juncker und Tusk, ein Abkommen unterschreiben, das tief in die Wirtschafts- und Sozialpolitik der betroffenen Bevölkerungen eingreift. Andererseits ist das Abkommen längst noch nicht in sicheren Tüchern. Selbst wenn das Europaparlament demnächst zustimmt und CETA, vor allem die handelspolitischen Bestimmungen im engeren Sinne, vorläufig in Kraft treten – um endgültige Gültigkeit zu erlangen, muss es noch von 28 EU-Staaten ratifiziert werden; über regionale und nationale Parlamente müssen gefragt werden und zustimmen.


Die Auseinandersetzungen um CETA gehen auch deshalb weiter, weil noch vor zwei wichtigen Gerichten, dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof, Verfahren anhängig sind. Im Mittelpunkt dabei steht die Frage, ob die nach wie vor vorgesehene Paralleljustiz für private Investoren überhaupt mit deutschem und europäischem Verfassungsrecht vereinbar ist. Zwar sollen diese Gerichte bzw. Schiedsstellen jetzt öffentlichen Charakter haben und keine Privatveranstaltungen der Konzerne mehr sein; und die Richter sollen von Kanada und den EU-Staaten bezahlt werden. Doch es bleibt das Faktum, dass die neuen Gremien außerhalb des bestehenden nationalen und internationalen Rechtssystems existieren werden.

Unklar ist auch, ob die CETA-Standards die Globalisierung der nächsten Jahre bestimmen werden, wie Kommissionspräsident Juncker nach der Unterzeichnung vollmundig meinte. Sollte das CETA-Abkommen wirklich so „progressiv“ sein und auf die sozialen und ökologischen Belange der Menschen Rücksicht nehmen, wie Juncker, Gabriel und Schulz unisono meinen, dann könnte es auch genau andersherum kommen: Dann wäre CETA womöglich das erste und letzte Handelsabkommen der neuen Generation und der Sargnagel für TTIP, TPPA und all die anderen Verträge, an die die Protagonisten nun wirklich ganz andere Interessen knüpfen als den Schutz sozialer und umweltpolitischer Errungenschaften. Der Kampf um eine faire Handelspolitik geht also weiter.

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