3. November 2016

Norden kommt mit aufgebauschten Klimahilfe-Zahlen nach Marrakesch

Eine im Vorfeld der UN-Klimakonferenz (COP 22), die nächste Woche in Marrakesch beginnt, veröffentlichte Oxfam-Studie (>>> Climate Finance Shadow Report 2016) zeigt, dass das Volumen der vom Norden tatsächlich geleisteter Klimahilfen für die ärmsten Länder deutlich geringer ausfällt, als es die Zahlen der Geldgeber erscheinen lassen. Die finanzielle Unterstützung für die armen Länder wird ein Schwerpunkt der Konferenz sein. Erst im Oktober hatten die reichen Geberländer einen Fahrplan vorgelegt, wie sie ihr Versprechen erfüllen wollen, die Klimafinanzierung bis 2020 auf ein Niveau von 100 Mrd. US-Dollar pro Jahr anzuheben. Nach Berechnung der Geberländer erreicht die Unterstützung aus öffentlichen Mitteln inzwischen knapp 41 Mrd. US-Dollar pro Jahr. Oxfam dagegen schätzt, dass der hinter den Zahlen der Geberländer steckende tatsächliche Wert der Unterstützung unterm Strich eher bei 11 bis 21 Mrd. US-Dollar pro Jahr liegt, davon 4 bis 8 Mrd. US-Dollar pro Jahr für die Anpassung an den Klimawandel.


Zwei grundlegende Faktoren führen dazu, dass Oxfam die tatsächliche Unterstützung für arme Länder deutlich geringer einschätzt als von den Geberländern berichtet: Zum einen rechnen die meisten Geberländer Mittel für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit, bei denen der Klimaschutz nur eines von mehreren Zielen ist, großzügig auf ihr Klimakonto an. Zum anderen führen die Geberländer auch Kredite, Garantien oder Exportkreditversicherungen in ihren Rechenschaftsberichten auf. Die  in den armen Ländern unterm Strich ankommende Unterstützung ist weitaus geringer als der Nennwert solcher Instrumente, weil beispielsweise öffentliche Kredite zurückgezahlt werden müssen und die eigentliche Unterstützung nur in einer etwaigen Zinsvergünstigung gegenüber einem privatwirtschaftlichen Darlehen liegt.

Die COP22 wird gleichzeitig die erste Vertragsstaatenkonferenz des Pariser Abkommens (CMA 1) sein, das morgen in Kraft tritt. Die Ausarbeitung des Regelwerks des Abkommens wird nicht auf der COP22 abgeschlossen werden, sondern einige Jahre beanspruchen. Dabei geht es beispielsweise um die Regeln für Art und Umfang künftiger nationaler Selbstverpflichtungen zum Klimaschutz, für die Berichterstattung der nationalen Anstrengungen oder etwa zur Frage, wie genau die im Abkommen vorgesehene regelmäßige Überprüfung der Umsetzungsfortschritte durchgeführt werden soll. Oxfam weist darauf hin, dass ein Grundproblem bislang ungelöst ist: Ohne eine deutliche Verschärfung der nationalen Klimaschutzanstrengungen wird das Ziel des Abkommens, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2° Celsius und möglichst auf maximal 1,5° Celsius zu begrenzen, bald nicht mehr zu erreichen sein.

„Dass nicht einmal ein Jahr nach seiner Verabschiedung das Abkommen in Kraft tritt, ist ein Erfolg der internationalen Klimadiplomatie“, so der Klimaexperte von Oxfam Deutschland, Jan Kowalzig. „Dieser Erfolg könnte sich aber in heiße Luft auflösen: Die zum Abkommen eingereichten Klimaschutzziele der Länder werden zu einer globalen Erwärmung um rund 3° Celsius führen – mit verheerenden Folgen weltweit, insbesondere aber in den ärmsten Ländern. Die Bundesregierung liefert hier derzeit eine besonders peinliche Vorstellung. Nicht nur haben einige Ministerien den Klimaschutzplan 2050 so verwässert und blockiert, dass die deutsche Delegation nun mit leeren Händen nach Marrakesch reisen muss. Auch dürfte das kurzfristige Ziel verfehlt werden, die klimaschädlichen Treibhausgase um 40 Prozent bis 2020 abzusenken, weil einigen Minister der Mumm fehlt, in die Zukunft zu schauen und die nötigen Weichenstellungen vorzunehmen.“


* Download des „Climate Finance Shadow Report 2016“ >>> hier.
 

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