Luxembourg Leaks: Gigantische Steuervermeidung
Neu ist das gigantische
Ausmaß der Steuervermeidung, die transnationale Konzerne mit Hilfe des
Luxemburger Finanzplatzes praktizieren, nicht aber der Tatbestand als solcher. In
meiner vor fünf Jahren im Auftrag des Luxemburger NGO-Dachverbands Cercle de cooperation erstellten Studie
zum „Fall Luxemburg“ (s. Abb.), die zu großem
Geschrei der politischen Klasse, ihrer Medien und der Vertreter des
Finanzplatzes führte, hieß es noch recht zurückhaltend, das „sich mit Blick auf
die zahlreichen Ausnahmeregelungen für ausländische (Groß-)Anleger sagen
(lässt), dass das Land Züge einer Steueroase trägt“. Und: „Aufgrund seiner
starken Position als Ziel- und vor allem Durchgangsland für FDI (ist Luxemburg)
ein idealer Stützpunkt für Steuervermeidungsstrategien der Transnationalen
Unternehmen.“
Schon
damals war klar: Die ausländischen Direktinvestition in Luxemburg (das Land
steht an zehnter Stelle bei der Anziehung solcher Investitionen) stehen in
keinem Verhältnis zur Größe der (Real-)Ökonomie des Landes. In weit
überwiegendem Maße wurden FDI schon damals in sog. Special Purpose Entities
(SPEs) angelegt, also in besonderen Zweckunternehmen. Durch die Luxembourg Leaks wissen wir jetzt en detail, dass dieser „besondere Zweck“
vornehmlich die Vermeidung von Steuern ist. Minutiös weist das Internationale
Konsortium Investigativer Journalisten nach, das über 340 international
agierende Unternehmen geheime Steuerdeals mit Luxemburg ausgehandelt haben,
unter denen sie oft weniger als 1% Steuern zahlen, während den Herkunfts-
und/oder Zielländern hunderte von Milliarden an Steuern entgehen. Dabei sind
dies lediglich diejenigen Unternehmen, die ihre Steuerdeals über
PricewaterhouseCoopers abwickelten. Andere sog. Beratungsfirmen, wie KPMG oder McKinsey,
die ebenfalls in diesem Geschäft aktiv sind, wurden dabei noch gar nicht
erfasst.
Das
Hauptargument der Verteidiger des Luxemburger Finanzplatzes, zu denen auch die
neue Regierung aus DP, LSAP und Grünen gehört, lautet heuer wie damals, dass alles
„völlig legal“ (so Premier Bettel und Finanzminister Gramegna) und im Rahmen
eines ganz „normalen Steuerwettbewerbs“ (so der ehemalige, inzwischen zur
Deutschen Bank gewechselte Finanzminister Frieden) vor sich gegangen sei. Doch
diese Argumentation steht auf ganz wackeligen Beinen: „Denn was legal ist,“ so hieß
schon in unserer Studie, „muss nicht notwendigerweise legitim sein. Auch das ‚ganz
normale‘ (nach bestehender Gesetzeslage völlig legale) Funktionieren eines
Finanzplatzes kann – gemessen an ethischen, sozialen, wirtschafts- und
entwicklungspolitischen Maßstäben –
kritikwürdig sein und Fragen nach der Legitimität bestimmter Praktiken oder
Funktionen aufwerfen.“ Spätestens nach den Luxembourg Leaks wird diese Debatte
jetzt nicht mehr aufzuhalten sein. Und man darf gespannt sein, wie der alte und
neue Außenminister Asselborn seine Ankündigung
vom Wochenende wahr macht, dass es in Luxemburg keinen Platz mehr für
Steuertricksereien ausländischer Konzerne geben soll. Noch spannender wird
allerdings werden, wie der neue EU-Kommissionspräsident Juncker seinen Kopf aus
der Schlinge zieht. Schließlich fallen die 548 Steuerdeals zwischen 2002 und
2010, die im Rahmen von Luxembourg Leaks nachgewiesen werden, alle in seine
Amtszeit als Premier- und Finanzminister.
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