10. November 2014

Luxembourg Leaks: Gigantische Steuervermeidung

Neu ist das gigantische Ausmaß der Steuervermeidung, die transnationale Konzerne mit Hilfe des Luxemburger Finanzplatzes praktizieren, nicht aber der Tatbestand als solcher. In meiner vor fünf Jahren im Auftrag des Luxemburger NGO-Dachverbands Cercle de cooperation erstellten Studie zum „Fall Luxemburg“ (s. Abb.), die zu großem Geschrei der politischen Klasse, ihrer Medien und der Vertreter des Finanzplatzes führte, hieß es noch recht zurückhaltend, das „sich mit Blick auf die zahlreichen Ausnahmeregelungen für ausländische (Groß-)Anleger sagen (lässt), dass das Land Züge einer Steueroase trägt“. Und: „Aufgrund seiner starken Position als Ziel- und vor allem Durchgangsland für FDI (ist Luxemburg) ein idealer Stützpunkt für Steuervermeidungsstrategien der Transnationalen Unternehmen.“

Schon damals war klar: Die ausländischen Direktinvestition in Luxemburg (das Land steht an zehnter Stelle bei der Anziehung solcher Investitionen) stehen in keinem Verhältnis zur Größe der (Real-)Ökonomie des Landes. In weit überwiegendem Maße wurden FDI schon damals in sog. Special Purpose Entities (SPEs) angelegt, also in besonderen Zweckunternehmen. Durch die Luxembourg Leaks wissen wir jetzt en detail, dass dieser „besondere Zweck“ vornehmlich die Vermeidung von Steuern ist. Minutiös weist das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten nach, das über 340 international agierende Unternehmen geheime Steuerdeals mit Luxemburg ausgehandelt haben, unter denen sie oft weniger als 1% Steuern zahlen, während den Herkunfts- und/oder Zielländern hunderte von Milliarden an Steuern entgehen. Dabei sind dies lediglich diejenigen Unternehmen, die ihre Steuerdeals über PricewaterhouseCoopers abwickelten. Andere sog. Beratungsfirmen, wie KPMG oder McKinsey, die ebenfalls in diesem Geschäft aktiv sind, wurden dabei noch gar nicht erfasst.
 
Das Hauptargument der Verteidiger des Luxemburger Finanzplatzes, zu denen auch die neue Regierung aus DP, LSAP und Grünen gehört, lautet heuer wie damals, dass alles „völlig legal“ (so Premier Bettel und Finanzminister Gramegna) und im Rahmen eines ganz „normalen Steuerwettbewerbs“ (so der ehemalige, inzwischen zur Deutschen Bank gewechselte Finanzminister Frieden) vor sich gegangen sei. Doch diese Argumentation steht auf ganz wackeligen Beinen: „Denn was legal ist,“ so hieß schon in unserer Studie, „muss nicht notwendigerweise legitim sein. Auch das ‚ganz normale‘ (nach bestehender Gesetzeslage völlig legale) Funktionieren eines Finanzplatzes kann – gemessen an ethischen, sozialen, wirtschafts- und entwicklungspolitischen Maßstäben  – kritikwürdig sein und Fragen nach der Legitimität bestimmter Praktiken oder Funktionen aufwerfen.“ Spätestens nach den Luxembourg Leaks wird diese Debatte jetzt nicht mehr aufzuhalten sein. Und man darf gespannt sein, wie der alte und neue Außenminister Asselborn seine Ankündigung vom Wochenende wahr macht, dass es in Luxemburg keinen Platz mehr für Steuertricksereien ausländischer Konzerne geben soll. Noch spannender wird allerdings werden, wie der neue EU-Kommissionspräsident Juncker seinen Kopf aus der Schlinge zieht. Schließlich fallen die 548 Steuerdeals zwischen 2002 und 2010, die im Rahmen von Luxembourg Leaks nachgewiesen werden, alle in seine Amtszeit als Premier- und Finanzminister.

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