25. August 2014

Zaudernde Zentralbanken in Jackson Hole

Gebirgspanorama in Jackson Hole
Die USA sind ein wenig näher an die Zinswende herangerückt, während in der Eurozone die Aussichten für den Beginn des „Quantitative Easing“ (massives Aufkaufen von Staatspapieren durch die Europäische Zentralbank) etwas gestiegen sind. Doch Genaueres weiß man nicht. So könnte das Resümee des Zentralbank-Treffens in Jackson Hole in Wyoming/USA am vergangenen Wochenende lauten. Damit gehen die beiden großen Zentralbanken, die US-amerikanische FED und die EZB, jetzt definitiv in unterschiedliche Richtungen. Während die FED ihr QE-Programm im Herbst beenden will, könnte die EZB unter dem Druck der miesen wirtschaftlichen Entwicklung gleichzeitig den Startschuss für ein solches in Europa geben. 

Das Thema des jährlichen Jackson-Hole-Gipfels („Re-evaluating labour market dynamics“) war zwar unspektakulär, aber nicht ungeschickt gewählt. Es ermöglichte der neuen FED-Chefin Janet Yellen, ihre Jungfernrede vor dem elitären Gremium nicht nur in ihrer akademischen Spezialdisziplin zu halten, sondern auch die Frage aufzuwerfen, wie viel von der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit in den USA inzwischen nicht mehr konjunkturellen, sondern strukturellen Faktoren geschuldet ist. Da im Mandat der FED im Unterschied zur EZB der Kampf gegen Arbeitslosigkeit gleichberechtigt neben der Inflationsbekämpfung steht, ist dies keine Nebenfrage: Denn gegen strukturelle Arbeitslosigkeit lässt sich mit den monetären Instrumenten, wie sie einer Zentralbank zur Verfügung stehen, wenig machen. Die Rede wurde denn auch als Versuch interpretiert, den Boden für die erste Zinserhöhung nach Jahren der Niedrig- bzw. sogar Nullzinspolitik zu bereiten. Nur in Bezug auf den Zeitpunkt wird noch gezaudert.


Als Zauderer trat in Jackson Hole auch EZB-Chef Mario Draghi auf. Er plädierte vorsichtig für eine zumindest selektive Lockerung der strikten Fiskalpolitik der europäischen Regierungen, und zwar mit dem Argument, dass der Weg zu höherer Beschäftigung über den richtigen Policymix aus monetären, fiskalischen und strukturellen Maßnahmen führt. Das reflektiert den Umstand, dass die EZB in den letzten Jahren mit ihren „unkonventionellen“ Maßnahmen oft eine Platzhalterrolle angesichts der mangelnden Konjunkturstimuli seitens der Regierungen spielte. Dies war zwar bequem für die Mainstream-Ökonomen und –Politiker, für die verteilungspolitische Eingriffe des Teufels sind. Es ist jedoch fraglich, wie lange sich das angesichts der drohenden Deflation und der Gefahr des Abrutschens der Eurozone in ein „verlorenes japanisches Jahrzehnt“ noch durchhalten lässt.

Inzwischen ist nicht nur die Inflation bei nur 0,4% (Juli) angekommen, deutlich unter dem EZB-Ziel von 2 oder nahezu 2%. Auch der Wachstumsmotor ist im zweiten Quartal 2014 erneut ins Stottern geraten, und zwar nicht nur in den Krisenökonomien im Süden, sondern in den drei größten Volkswirtschaften der Eurozone – mit einer Stagnation von 0% in Frankreich und einem Negativwachstum von -0,2% in Deutschland und Italien. (Nur nebenbei: Die Momentaufnahme gibt das deutsche Gerede von der guten Konjunktur hierzulande und der französischen Malaise endgültig der Lächerlichkeit preis.) Angesichts solcher Zahlen wäre jedenfalls mehr erforderlich als Zaudern, sei es bei den Zentralbanken, sei es (ganz besonders) bei den Regierungen.

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