12. August 2014

HDR 2014: Wiederentdeckung des Vollbeschaeftigungsziels

Mit einigen progressiven Politikvorschlägen wartet der neue Human Development Report auf, der unter dem Titel Sustaining Human Progress: Reducing Vulnerabilities and Building Resilience erschienen ist. Wie Joseph Stiglitz in einem Beitrag für den Report schreibt, bedürfe die Reduzierung sozialer Verwundbarkeit einer breit angelegten systemischen Perspektive. Der Bericht befürwortet die universelle Bereitstellung sozialer Grundsicherung und weist die Behauptung zurück, dass sich dies nur wohlhabende Länder leisten könnten. Länder wie die Republik Korea oder Costa Rica hätten soziale Sicherungssysteme eingeführt, als ihr Pro-Kopf-Einkommen noch unter dem von Indien und Pakistan lag.


Der vom UN-Entwicklungsprogramm (UNDP) herausgegebene Bericht ruft die Regierungen auf, sich zum Ziel der Vollbeschäftigung zu bekennen und erneuert damit einen wirtschaftspolitischen Ansatz, der in der 1950er und 1960er Jahren Gang und Gäbe war, seit den 1970er und 1980er Jahren aber mehr und mehr durch die neoliberale Offensive und den sog. Washington Consensus zurück gedrängt wurde. Die Mehrheit der Menschheit verfüge heute über keine umfassende soziale Sicherung wie Altersversorgung oder Arbeitslosigkeitsversicherung, die aber in Ländern aller Entwicklungsstufen eingeführt werden sollte, ebenso wie eine schrittweise Überwindung der informellen Arbeit zugunsten formeller Beschäftigungssysteme notwendig sein.

Nach dem neuen HDR, der rechtzeitig zur entscheidenden Phase der Auseinandersetzung um die SDGs für die Zeit nach 2015 (>>> W&E 07-08/2014) erscheint, geht davon aus, dass derzeit immer noch 1,2 Mrd. Menschen von 1,25 Dollar oder weniger pro Tag leben. Nach dem Multidimensionalen Armutsindex des UNDP leben derzeit 1,5 Mrd. Menschen in den Entwicklungsländern in Armut. Fast 800 Mio. Menschen leben mit dem Risiko, jederzeit in die Armut zurückfallen zu können. – Der HDR erscheint jetzt seit 1990 jedes Jahr. Er formuliert gleichsam eine alternative Agenda zum Neoliberalismus. Dennoch ist sein Einfluss auf die politische Entwicklung schwer messbar. Die meisten seiner Reformanregungen sind im Mainstream immer noch nicht angekommen.

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