Multis und Menschenrechte in der EU: Neue Transparenzvorschriften
Börsennotierte Unternehmen
aus Europa sollen künftig über Risiken ihrer Tätigkeit für Menschen- und
Arbeitnehmerrechte sowie die Umwelt berichten müssen. Darauf einigten sich in
dieser Woche Nachmittag die zuständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten in
Brüssel nach zähen Verhandlungen. Trotz zahlreicher Zugeständnisse seitens des
Europaparlaments, das strengere Vorschriften wollte, stimmte Deutschland dem
Kompromissvorschlag nicht zu, sondern enthielt sich der Stimme. Bis Mai 2014
müssen das Europaparlament sowie der EU-Ministerrat diesem Vorschlag noch
formal zustimmen. Danach erfolgt die nationale Umsetzung.
Die
Enthaltung Berlins stößt vor allem bei NGOs auf Kritik, den die Bundesregierung
habe damit den Schutz von Menschenrechten und Umwelt hinter die Interessen von
Unternehmen zurückgestellt, heißt es in einer Stellungnahme des CorA-Netzwerks
für Unternehmensverantwortung und Germanwatch. „Ein schlechteres Zeichen hätte
die neue Bundesregierung zu diesem Zeitpunkt nicht setzen können. Verbindliche
Offenlegungspflichten sind essentiell, damit Unternehmen ihrer
menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachweislich nachkommen“, so
Germanwatch-Vorsitzender Klaus Milke.
Der
ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission sah vor, dass große Unternehmen in
ihren Lageberichten über Risiken für Umwelt, Menschenrechte und soziale Aspekte
berichten müssen. In den nachfolgenden Verhandlungen mit EU-Kommission und
Europaparlament hatten die alte und die neue Bundesregierung weitreichende
Änderungen durchgesetzt, die die Anforderungen an Unternehmen gesenkt haben. So
sollen nach dem jetzt vorliegenden Papier nur noch „Unternehmen von
öffentlichem Interesse“ – gemeint sind börsennotierte Unternehmen sowie Banken
und Versicherungen – berichten. Dies ist eine Einschränkung, die die Anzahl der
betroffenen Unternehmen in der EU von ursprünglich 18.000 auf rund 6.000
reduziert. Ferner müssen die Informationen nicht mehr im Lagebericht
veröffentlicht werden. Separate Berichte, die keiner Wirtschaftsprüfung
unterliegen, sollen ausreichen. Dies verringert die Relevanz der Berichte.
Hinsichtlich
der Reichweite der Berichtspflicht konnte sich die deutsche Position jedoch
nicht umfänglich gegenüber dem Europaparlament durchsetzen. Der abgestimmte
Kompromissvorschlag sieht vor, dass börsennotierte Unternehmen auch über
Risiken für Mensch und Umwelt entlang ihrer Zulieferbeziehungen berichten
müssen, zumindest, wenn diese relevant sind. Das heißt: Ölkonzerne müssten über
das Abfackeln von Gas bei der Förderung berichten und Textilunternehmen die
menschenrechtlichen Risiken in der Zulieferkette berücksichtigen. Die
Bundesregierung ist trotz ihrer Enthaltung an den gefundenen Kompromiss gebunden.
Von der EU-Kommission werden in den nächsten zwei Jahren Orientierungshilfen
für Unternehmen für das Erstellen von Berichten erwartet. Eine Evaluation der
Regelungen ist nach vier Jahren geplant.
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