13. Juni 2013

Camerons Gipfelshow: Tax, Trade, Transparency, Theater



Showman Cameron in Davos

Tony Blair hatte seinen G8-Gipfel 2005 in Gleneagles, Gordon Brown seinen G20-Gipfel 2009 in London. Beide verstanden sich darauf, wie in einem Glasperlenspiel Milliardenzusagen aufzureihen, sei es zur Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe, sei es zur Rettung des globalen Finanzsystems und der Weltwirtschaft. David Camerons Sache ist das nicht, obwohl unter seiner Regierung Großbritannien paradoxerweise zu den wenigen Industrieländern gehört, die das 0,7%-Ziel im Bereich der Entwicklungshilfe schon bald erreichen werden – nicht zuletzt die in Berlin regierende konservativ-neoliberale Truppe könnte sich davon was abschneiden.

Für den am kommenden Montag und Dienstag in Lough Erne/Nordirland stattfindenden G8-Gipfel wollte Cameron eine „pragmatischere“ Agenda, in deren Mittelpunkt nicht die Frage steht, wie die Schuldenlast Afrikas erleichtert werden kann, sondern wie die Steuerbasis der reichsten Ländern zu verbessern ist. Darum kreisen mindestens zwei der drei Ts, die im Mittelpunkt der britischen G8-Agenda stehen: Tax und Transparency. Dabei geht es darum, wie weiter gegen die Steueroasen vorgegangen werden kann und wie Licht in das dubiose Netz von Schein- und Briefkastenfirmen gebracht werden kann, die die Multinationalen Konzerne für ihre Steuervermeidungsstrategien (oft mittels konzerninterner Verrechnungspreise) nutzen.

Ironischerweise lässt der britische Premierminister im Werben für seine G8-Agenda keine Gelegenheit aus zu betonen, dass er ein „Low-Tax-Man“ sei und Großbritannien den Multis heute schon die niedrigste Unternehmenssteuerrate unter den G20-Ländern biete. Das Bestreben, gegen Steueroasen und Steuervermeidungsstrategien vorzugehen, um die Multis wenigstens zum britischen Steuersatz zu zwingen, könnte freilich auf Sand gebaut sein. So wie es aussieht, wird es Cameron nicht gelingen, bis zum Gipfel das eigene Haus in Ordnung zu bringen und beispielsweise seine Kronkolonien (denen London einst Steuerhoheit einräumte und die nicht zur EU gehören) unter das Dach einer multilateralen Konvention zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung zu bringen oder ein internationales Firmenregister zu beschließen, das erkennbar macht, wer hinter den Briefkastenfirmen tatsächlich steht. Und ein wirkliches Vorgehen gegen Steuervermeidung bräuchte darüber hinaus grundlegende Schritte gegen den Steuerwettbewerb der Staaten, an dem sich „Low-Tax-Man“ Cameron jedoch fleißig selbst beteiligt. 

So bleibt das dritte T – Trade. Hier wollte London den Gipfel nutzen, um publizitätsträchtig den Startschuss für Verhandlungen über ein nordatlantisches Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU abzufeuern. Das Vorhaben ist aber in Frage gestellt, weil die USA keine Ausnahmeregeln für den Kulturbereich zulassen wollen, die Frankreich derzeit eine großzügige Unterstützung seiner Filmindustrie ermöglichen. Man kann nur hoffen, dass Frankreich in dieser Frage standfest bleibt – die kulturelle Vielfalt Europas ist schließlich ein hohes Gut, was von dem Einheitsbrei à la Hollywood nicht unbedingt gesagt werden kann. – So könnten wir der Drei-T-Agenda Camerons noch ein viertes T hinzufügen: Theater. Und dabei lassen wir vorerst offen, ob das Filmtheater als solches gemeint ist oder das G8-Theater, dessen Unterhaltungswert ersterem schon so oft in vielem nachstand.

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