18. Juni 2013

G8-Obsession: Wachstum und Freihandel



Immer wenn eine Verhandlungsrunde über ein neues Freihandelsabkommen eingeläutet werden soll, erklingt ein Chor von Vorhersagen, wie segensreich und wohlfahrtsfördernd das neue Abkommen sein wird. So ist es auch diesmal wieder. Die Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), für dessen Aushandlung die G8 soeben den Startschuss gegeben haben, soll laut einer Studie der EU-Kommission die Wirtschaftsleistung in Europa um 119 Mrd. € pro Jahr und in den USA um 95 Mrd. € pro Jahr erhöhen. Schon heute entfällt auf die USA und die EU zusammengenommen rund die Hälfte des globalen Outputs und ein Drittel des Welthandels. Die Botschaft ist klar: Seht her, wir geben dem Wachstum einen kräftigen Schub.

Auch wenn die Wohlfahrtswirkungen nach einem anderenGutachten, das das Münchner ifo-Institut gestern veröffentlichte, genau andersherum verteilt sein werden und die USA mehr als die EU profitieren werden, während die Umlenkungseffekte im Handel zu Lasten der Entwicklungs- und Schwellenländer gehen werden, das zusätzliche Wachstum ist allemal groß genug, um das hochgelobte Freihandelsprinzip vor kritischen Fragen abzuschirmen. Dabei wird bei solchen Zahlenspielen geflissentlich „übersehen“, dass es sich um pure Hypothesen handelt, da die eigentlichen Verhandlungen zum Zeitpunkt der Durchführung der Studien noch gar nicht begonnen haben, und über die tatsächlich erreichbaren Verhandlungsergebnisse nur spekuliert werden kann.

Auch die qualitativen Seiten werden durch den Wachstums- und Freihandelswahn stets unter den Teppich gekehrt, seien es die Folgen für den Verbaucherschutz, für die Umwelt oder die Bewegungsfreiheit der Konzerne, wenn wie jetzt geplant, Standards einfach gegenseitig anerkannt statt auf hohem harmonisiert oder Unternehmen Klagerechte gegen Staaten eingeräumt werden. Von der grundsätzlichen Frage, wie viel zusätzliches Wachstum der Planet eigentlich verträgt, ist schon gar keine Rede mehr, wenn die Besessenheit von Wachstum und Freihandel wie jetzt wieder in Lough Erne die Oberhand gewinnt.

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