Post-2015: Was heisst hier Good Governance?
Bei
der jüngsten Konsultation zur Post-2015-Entwicklungsagenda der Vereinten
Nationen, die kürzlich in Südafrika zum Thema „Governance“ stattfand, haben die
NGOs bzw. „zivilgesellschaftliche Organisationen“ dafür plädiert, Good
Governance als explizites Ziel in den Katalog der Entwicklungsziele für die
Zeit nach 2015, wenn die Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) auslaufen, aufzunehmen.
Dies zeigt wie kaum etwas anderes, wie sehr die NGOs inzwischen in das System
der offiziellen internationalen Entwicklungspolitik inkorporiert sind.
Der
Begriff „Good Governance“ ist ein Kind der Systemwende von Ende der
1980er/Anfang der 1990er Jahre. Unter Margaret Thatcher wurde er vom britischen
Außenministerium in die Welt gesetzt, weil man die Chance witterte, sich nach
dem Ende der Systemkonkurrenz sich der zwar bislang nützlichen, aber im Grunde
genommen doch missliebigen Kollaborateure und Regime im Süden zu entledigen. Präzise
definiert wurde der Begriff Good Governance seither nicht. Das hinderte ihn
freilich nicht daran, zumal in entwicklungspolitischen Kreisen eine fulminante
Karriere hinzulegen.
Umso
erstaunlicher ist es, dass dieses Wischi-Waschi-Konzept jetzt auch großen Teilen
der NGO-Community als wohlfeiles Catchword dient. Dabei ist das Konzept
schlichtweg überflüssig: Wenn darunter die Forderung nach Einhaltung
elementarer Menschenrechte verstanden wird, ist der Begriff ebenso wenig notwendig
wie wenn es um die Garantie von Rechtsstaatlichkeit oder den Kampf gegen die
Korruption oder die Herstellung von Transparenz geht. Alles dies sind höchst unterstützenswerte
Anliegen, deren konkreter Inhalt aber leider verschwimmt, wenn über sie das Allerweltswort
Good Governance gelegt wird, einmal ganz davon abgesehen, dass die Verhältnisse
globaler Governance in der Regel gar
nicht mehr erwähnt werden, wenn sich die Akteure auf die Missstände in
nationalstaatlichen Zusammenhängen eingeschossen haben.
So
wenig das Gerede von der Good Governance dazu taugt, Menschenrechte,
Rechtsstaatlichkeit und Transparenz zu befördern, so nützlich ist es freilich
als Tarnkappe für andere Zwecke. Seit seiner Geburt wurde Good Governance
abwechselnd als Synonym für die Einhaltung der neoliberalen Prinzipien des
Washington Consensus oder als westlicher Kampfbegriff zur globalen Durchsetzung
der Westminster-Demokratie genutzt. Einigen am Rande der eingangs erwähnten
Konsultation über die Post-2015-Ziele fiel sogar auf, dass einflussreiche
Politiker Good Governance einfach mit einer kruden Wachstumsstrategie
gleichsetzen. Die NGOs sollten sich also in Acht nehmen und die
Schlüsselbegriffe des herrschenden Diskurses nicht unbesehen nachplappern.
1 Kommentar:
Die Warnung vor dem saloppen Umgang mit dem Kürzel von good governance in den derzeitigen Entwicklungsdebatten ist wichtig. Man/frau sollte, wie Rainer es vorschlägt, stattdessen die Prinzipien Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit explizit nennen. Aber ein drittes Prinzip wäre wichtig: Wohlfahrtsstaatlichkeit. Die Forderung nach einem Wohlfahrtsstaat ist komplexer, aber es geht darum, die Rolle des Staates zu thematisieren, anstatt bei hübschen Auflistungen der Ziele zu verharren. Dabei ginge es wohl um öffentliche Güter und Dienstleistungen höchster Qualität für alle, Verteilunggerechtigkeit inklusive Umverteilung und Sozialtransfers, und Beteiligung aller Anwohner – Bürger/Innen und Migrant/Innen und Asylant/Innen an der Entscheidungsfindung.
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