Bill Gates erntet in Deutschland Kritik
Im Unterschied zu seinem Auftreten in Davos (>>> Dröge Debatte) ist Bill
Gates, der mit seiner Frau Melinda an der Spitze der finanzkräftigsten privaten
Stiftung der Welt steht, bei seinem Deutschland-Besuch in dieser Woche auf
Kritik deutscher NGOs und PolitikerInnen gestoßen. Zwar ermahnte Gates vor dem
Bundestagsausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die
europäischen Staaten, trotz Sparzwängen und Euro-Krise weiter ausreichend
Mittel für die Entwicklungspolitik bereitzustellen. Auf Kritik aus den Reihen
der Opposition stieß jedoch die Beteiligung der Gates-Stiftung an
Großkonzernen, so einem Ölkonzern, der in Nigeria tätig ist. Auch das
Engagement der Stiftung für Projekte in der Gentechnik sei fraglich und
Ausdruck „blinder Forschrittsgläubigkeit“.
Auf Missfallen stieß auch ein von BMZ veranstalteter „CEO
Roundtable”, an dem neben Gates u.a. Bayer-CropScience-Vorstandschef Liam
Condon teilnahm. Damit setze Entwicklungsminister Dirk Niebel ein weiteres
Zeichen für die Umstrukturierung seines Ministeriums hin zu einer
Interessensvertretung der deutschen und internationalen Agrarindustrie,
erklärte das FoodFirst-Informations- und Aktions-Netzwerk (FIAN) in Köln. Auch
die von Niebel hervorgehobene Initiative „New Alliance for Food Security and
Nutrition“ der G8 und die von der Ernährungsindustrie dominierte ‚Scaling Up
Nutrition’ (SUN) werden nicht nur von FIAN wegen der Dominanz großer Konzerne
scharf kritisiert. Substantielle Interessenskonflikte der Konzerne und
menschenrechtliche Konfliktfelder würden tabuisiert. Minister Niebel sollte
besser die Vertreter der Hungernden, der Kleinbauern, Indigenen und
Hirtenvölker einladen und sich von deren Strategien zur Hungerbekämpfung
inspirieren lassen.
Gegen öffentlich-private Partnerschaften und eine verstärkte
Zusammenarbeit von Entwicklungsminister Niebel und Agrarministerin Aigner mit
der Gates-Stiftung ist dagegen für Thilo Hoppe, der Sprecher der Grünen im
Bundestag für Weltwernöhrung grundsätzlich nichts einzuwenden. Ihr jetzt erneut
bekräftigtes Bündnis im Kampf gegen den Hunger berge aber mehr Risiken als
Chancen, weil es einseitig auf Steigerung der Agrarproduktion zielt und Fragen
der sozialen Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit ausblendet. In blinder
Fortschrittsgläubigkeit werde dabei auch auf gentechnisch manipuliertes Saatgut
gesetzt. Statt neue Absatzmärkte für große Agrarunternehmen zu erschließen,
sollte die Bundesregierung endlich den Empfehlungen des Weltagrarberichts
(IAASTD) folgen und vor allem die Kleinbauern in den Entwicklungsländern darin
unterstützen, auf nachhaltige Weise mehr Nahrungsmittel anzubauen.
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