Die Angst der Spekulanten vor der FTT und die Hoffnungen der Fiskalsanierer
Noch
sind die Details der Einführung der Finanztransaktionssteuer (FTT) unter elf
EU-Mitgliedsländern nicht definitiv ausgehandelt, doch bereits im Vorfeld
schlagen jetzt die Vertreter von Geldmarktfonds Alarm. Die 1 Trillion Dollar
schwere Geldmarktfonds-Industrie sieht sich sogar in ihrer Existenz bedroht,
sollten die jetzt bekannt gewordenen Vorschläge der EU-Kommission zur Umsetzung
der Steuer im Verfahren der „verstärkten Zusammenarbeit“ in die Tat umgesetzt
werden. Der Financial Times vom vergangenen Montag zufolge sieht Keith Lawson
von ICI Global, eine Managervereinigung globaler Fonds, „ein riesiges Problem“
in den Plänen der Kommission. Dies deshalb, weil die Fondsinvestoren die Steuer
zweimal entrichten müssten, zum ersten Mal wenn sie Fondsanteile kaufen oder
verkaufen und zum zweiten Mal, wenn der Fonds selbst Papiere kauft oder
verkauft, in die er investiert hat.
In
der Tat fallen nach den derzeitigen Plänen der Kommission nicht nur der Handel
mit Aktien, Anleihen und Derivaten, sondern auch Sekundärmarkttransaktionen von
Geldmarktfonds-Instrumenten unter die FTT. Insgesamt wird das Steueraufkommen
- bei einem Steuersatz von 0,1% auf den Aktien- und Anleihehandel und 0,01 auf den Derivatehandel - allein aus der Einführung der Steuer in elf Ländern inzwischen auf bis zu 35
Mrd. € pro Jahr geschätzt – wesentlich mehr als bislang erwartet. Dies hat
nicht zuletzt auch damit zu tun, dass die Kommission plant, Vorkehrungen gegen
die Vermeidung der Steuer durch die Umlenkung von Investitionen zu treffen.
Dazu dient vor allem das sog. Firmensitz-Prinzip, wonach die Steuer dort zu
entrichten ist, wo sich der Hauptsitz der Firma befindet. Dies bedeutet etwa,
dass der Handel mit Papieren auch an Finanzplätzen wie London, New York oder
Singapur besteuert werden kann, wenn sich der Sitz der ausgebenden Firma in
einem der elf Länder befindet – ein Graus für Spekulanten aller Art.
Die
Kardinalfrage, die in den Verhandlungen geklärt werden muss, betrifft
allerdings nicht nur Details der geschilderten Art, sondern vor allem die
Frage, wofür die zusätzlichen Steuereinnahmen genutzt werden sollen, wenn die
Regelung Anfang 2014 in Kraft tritt. Die EU-Kommission hat die Hoffnung noch
nicht aufgegeben, mit der FTT eine eigenständige Quelle der Steuererhebung für
den EU-Haushalt zu bekommen. Die Protagonisten der fiskalischen Konsolidierung,
wie der deutsche Finanzminister Schäuble, würden den erhofften Steuersegen am
liebsten in den nationalen Staatshaushalten verschwinden lassen. Nur die NGOs
halten derzeit an der ursprünglichen Forderung fest, die FTT zur Stärkung von
Entwicklungsfinanzierung und Klimaschutz zu verwenden. Die Pläne zur Kürzung
der EZ-Mittel im Rahmen der derzeitigen Verhandlungen um den nächsten
EU-Haushalt zeigen, wie notwendig und dringend das ist.
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