Ergebnisorientierung bei IWF und Weltbank? Fehlanzeige!
Wer
bei dieser Jahrestagung von IWF und Weltbank, die derzeit in Tokio stattfindet,
nach konkreten Beschlüssen sucht, der muss schon eine Lupe zur Hand nehmen.
Eine dieser raren Entscheidungen besteht darin, dass 2,7 Mrd. Dollar an
Windfallprofiten aus dem letzten Goldverkauf des IWF jetzt verwendet werden, um
die „Poverty Reduction and Growth Trust Fund“ (PRGTF) des IWF zur Dauereinrichtung
zu machen, die künftig über eigene Mechanismen der Mittelaufbringung verfügen
soll. NGOs haben seit Jahren gefordert, Teile der Goldvorräte des IWF zur
Tilgung der Schulden bei multilateralen Institutionen zu verwenden. Dass der
IWF dies jetzt zur Aufbesserung seiner eigenen „Kriegskasse“ verwendet, ist
bestenfalls ein Pyrrhussieg.
Ein
ausgesprochen dunkles Kapitel der IWF-eigenen Reformbestrebungen dagegen ist,
dass in Tokio erneut die schon 2010 beschlossene Ausweitung des Stimmenanteils
der Schwellenländer nicht beschlossen werden konnte, weil dafür immer noch nicht die erforderlichen 85%
der Stimmrechte der Mitglieder zusammen sind (vor allem, weil die USA dies
bislang noch nicht vor den Kongress gebracht haben). Mindestens genauso
schwerwiegend ist, dass die Industrieländer einerseits und die Schwellen- und
Entwicklungsländer andererseits über die grundsätzliche Neubewertung der Quoten
im Fonds, die bis Januar 2014 unter Dach und Fach sein soll, uneinig sind. Die
Schwellen- und Entwicklungsländer haben in Tokio nochmals betont, dass die
Quotenveränderung das relative Gewicht der Mitgliedsländer in der
Weltwirtschaft widerspiegeln müsse (so im Kommuniqué der G24). Dies läuft auf eine Aufwertung des Stellenwerts des Bruttoinlandsprodukts
(BIP) bei der Quotenberechnung hinaus, das gegenwärtig nur mit 50% zu Buche
schlägt. Die Industrieländer wollen aber andere Faktoren, etwa die „finanzielle
Offenheit“ einer Ökonomie stärker gewichten, was wegen der engen
Kapitalverflechtung der Industrieländer untereinander zu ihren Gunsten wäre –
eine absurde Position angesichts der Tatsache, dass der IWF seine Position in
jüngster Zeit wieder zugunsten von Kapitalverkehrskontrollen geändert hat.
Wie
so oft, sind Fortschritte auf dieser Jahrestagung noch am ehesten auf der
Diskursebene zu erkennen. Zweifellos ist die Erkenntnis des IWF, dass die negativen
Auswirkungen von Haushaltskürzungen und Steuererhöhungen auf das Wachstum in
den letzten Jahren stark unterschätzt wurden, ein weiterer Meilenstein im Umdenken
(und auch zur Selbstkorrektur) des Fonds. Die Frage ist allerdings, wie die
IWF-Spitze das sorgfältige Auskalibrieren von fiskalischer Konsolidierung und
Wachstumsorientierung (>>> Kommuniqué des Wirtschafts- und Finanzausschusses) beispielsweise in der Troika durchsetzen will, wenn die
Hardliner in Europa, etwa Deutschland, anderer Meinung sind, von den fondsinternen
Widerständen gegen einen Kurswechsel einmal abgesehen. Vielleicht gehört es zu
den tragischsten Aspekten der aktuellen Entwicklung, dass ausgerechnet der IWF moderatere
Positionen vertritt als die Europäische Union – und das in einer Zeit, in der
letztere sogar den Friedensnobelpreis bekommen hat.
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