IWF beklagt stockende Finanzmarkt-Reformen
Fünf
Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise ist das globale Finanzsystem in keinem
grundlegend besseren Zustand als zuvor, viele Reformen zur Herstellung von mehr
Transparenz und weniger Komplexität stehen noch aus, und mit der Regulierung
der Schattenbanken und der Lösung der Too-important-to-fail-Problematik ist
noch gar nicht begonnen worden. So lässt sich eine bemerkenswert kritische
Zwischenbilanz der Finanzmarkt-Reformen zusammenfassen, die der neueste Global Financial Stability Report (GFSR)
des IWF enthält, dessen analytische Kapitel jetzt veröffentlicht wurden. Zwar
heißt es in dem Interim Report on Progress Towards a Safer Financial System (= Kapitel 3 des GFSR), dass
angestoßene Reformen durchaus in die richtige Richtung gingen, dass ein
sichereres System von Finanzstrukturen aber erst noch geschaffen werden muss
und einige komplizierte Fragen erst noch angegangen werden müssen.
Der
IWF hebt hervor, dass das Finanzsystem in vielerlei Hinsicht verwundbar und
überkomplex bleibt und sich die getroffenen Maßnahmen zu sehr auf große
Institutionen konzentrieren. Der Hauptschwerpunkt habe bislang auf neuen
Kapitalrücklagevorschriften für die Banken gelegen (Basel III), um die Kosten
für risikoreiche Operationen anzuheben. Doch der Bericht weist darauf hin, dass
die Banken bereits wieder dabei sind, neue sog. innovative Produkte zu
entwickeln, um die neuen Regulierungen zu umgehen. Auch könnten die neuen
Rücklagestandards dazu ermuntern, in den Nicht-Banken-Sektor, also zu den immer
noch völlig unregulierten Schattenbanken, auszuweichen. „Wir sehen noch nicht
die Konsequenzen der Reformen, sie haben lange Verzögerungen in der Umsetzung,
und die Krise geht weiter“, sagt einer der Hauptautoren.
Der
IWF fordert dazu auf, dass auf globaler Ebene endlich mit der Diskussion um
direkte Restriktionen für bestimmte
Geschäftsaktivitäten der Banken begonnen wird, statt lediglich mehr
Kapitalrücklagen zu fordern. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass
riskante Operationen wie OTC-Derivate durch die Krise kaum betroffen wurden (s.
Schaubild). Auch seien strenge Standards für Schattenbanken, wie Hedgefonds,
erforderlich. Gebraucht würden einfachere Produkte und einfachere,
durchschaubarere Organisationsstrukturen. Schließlich müssten Möglichkeiten
geschaffen werden, große Institutionen im Falle finanzieller Schwierigkeiten,
auch grenzübergreifend, abzuwickeln. – So deutlich der IWF die mangelnden
Reregulierungsanstrengungen der letzten fünf Jahre kritisiert, so sehr macht er
allerdings einen Bogen um Fragen, die eine grundlegende Umgestaltung des
bestehenden Finanzsystems erfordern würden. Über Maßnahmen zur Eindämmung der
anhaltenden Volatilität auf den Währungsmärkten findet sich in dem neuen GFSR
kein Wort – kein Wunder, denn um solche Fragen hat auch die offizielle Debatte auf
globaler Ebene bislang einen Bogen gemacht.
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