Bundestagsenquete fordert Senkung des Rohstoffverbrauchs
Man müsse angesichts des Ausmaßes der
Umweltbelastungen „den Ressourcenverbrauch deutlich senken“, es werde nicht
ausreichen, den Rohstoffverbrauch im Sinne einer Entkopplung vom Wachstum in
Zukunft weniger stark steigen zu lassen als die Wirtschaftsleistung: Dies
bezeichnete Hermann Ott in dieser Woche zum Auftakt der Sitzung der
Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ als
„Schlüsselbotschaft“ für die Ressourcenpolitik. Bei der Vorstellung des
inzwischen fertiggestellten Teils des Berichts der Projektgruppe 3, die sich
mit Rohstoffverbrauch und –reduzierung befasst, sagte deren Leiter, es könne
„von entscheidender Bedeutung für die Menschheit sein“, dass die Verminderung
des Ressourcenkonsums und des Schadstoffausstoßes tatsächlich gelingt.
Vor der unter dem Vorsitz von Daniela Kolbe (SPD) tagenden
Kommission betonte der Grünen-Abgeordnete, in einigen Bereichen wie dem
Klimawandel, der Artenvielfalt und der Stickstoffbelastung natürlicher
Kreisläufe seien die „Grenzen der Umweltnutzung bereits überschritten“. Ott
sprach von global „unabsehbaren Folgen“, wenn etwa das arktische Meer als
„fragiles Ökosystem“ als Folge des Klimawandels im Sommer komplett eisfrei
werden sollte. Noch nicht verabschiedet hat die Projektgruppe 3 den
Forderungskatalog, der sich als Konsequenz aus der alarmierenden Bestandsaufnahme
in Form von „Handlungsempfehlungen“ an die künftige Politik richten soll: „Da
liegt einiges an Zunder drin“, so der Grünen-Politiker.
Ott warnte vor der Annahme, das Problem werde sich
allein deshalb entschärfen, weil die Rohstoffvorkommen immer weiter abnehmen:
Dies werde nicht der Fall sein, da viele Vorräte etwa bei der Kohle noch sehr
lange Zeit reichen würden. Man müsse vielmehr dem Ressourcenverbrauch
„politisch Grenzen zu setzen“. Ein ökologischer Umbau kann aus Sicht des
Abgeordneten jedoch nur gelingen, wenn die sozialen Auswirkungen einer solchen
Strategie bedacht werden: Man müsse „soziale Leitplanken“ einziehen und die
Sozialsysteme „vernünftig ausgestalten“.
Als großes Hindernis auf dem Weg hin zu einer
Reduzierung des Rohstoffkonsums bezeichnete Ott den sogenannten
„Rebound-Effekt“, der größer sei als bislang gedacht. Dieser Fachbegriff
beschreibt den Umstand, dass technische Effizienzsteigerungen einerseits zu
einer Verminderung des Ressourcenverbrauchs führen, andererseits aber solche
Einsparungen durch Mehrkonsum wieder neutralisiert werden. Als Beispiel nannte
der Grünen-Politiker Autos: Die Motoren würden heutzutage weitaus weniger
Benzin benötigen als früher, doch werde dies durch mehr Fahrkilometer oder
schnellere Fahrzeuge wieder wettgemacht. Ein anderes von Ott erwähntes
Beispiel: Ein Hausbesitzer spart Geld durch die Wärmedämmung seines Gebäudes
und investiert diesen Gewinn dann in ökologisch problematische Flugreisen.
Der von der Unionsfraktion benannte Sachverständige
Marc Oliver Bettzüge zog aus den Erkenntnissen der Projektgruppe 3 die
Schlussfolgerung, dass die Probleme des Rohstoffverbrauchs nicht mehr allein
auf nationaler Ebene angepackt werden könnten, gefordert sei vielmehr die
Kooperationsbereitschaft der einzelnen Staaten. Für SPD-Obfrau Edelgard Bulmahn
illustriert der Bericht die „Dringlichkeit“ des Handlungsdrucks, die vielen
noch nicht bewusst sei. Der FDP-Abgeordnete Florian Bernschneider warnte dagegen
vor „Wachstumsfeindlichkeit“, die keine Antwort auf die Herausforderungen sein
könne, auch dürfe man bei der Senkung des Ressourcenkonsums nicht nur auf
technische Lösungen setzen. Der von der Linksfraktion berufene Experte Ulrich
Brand kritisierte, dass hierzulande bislang der Wille zur Verminderung des
Rohstoffverbrauchs fehle. Im Namen der Grünen bezeichnete es der
Sachverständige Uwe Schneidewind als „entscheidende Herausforderung“, ein
ökologisches Umsteuern unter den Bedingungen der Globalisierung zu
organisieren.
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