Abkoppelung von der Weltkonjunktur? Fehlanzeige
Fast
täglich wird nun deutlicher, dass die Hoffnung, die Entwicklungsländer könnten
sich vom internationalen Konjunkturverlauf quasi abkoppeln und sich gegenüber
den Auswirkungen der Krisentendenzen im Norden gleichsam immunisieren, auf
tönernen Füßen steht (>>>W&E-Dossier Der große Abschwung). Gestern hat die UN-Konferenz für
Handel und Entwicklung (UNCTAD) drei Fallstudien
veröffentlicht (zu Sambia, Benin und Kambodscha). Diese weisen darauf hin, dass
die globale Wirtschafts- und Finanzkrise auch in den ärmsten Ländern der Welt
die Wachstumstrends der letzten Zeit umgekehrt hat.
In
Sambia beispielsweise führte der Einbruch bei Produktion und Export von
Bergbauprodukten zwischen 2009 und 2010 zum Rückgang der Staatseinnahmen um
22%. In Kambodscha gingen in der Textilindustrie zwischen Juni 2008 und Juni
2009 63.000 Arbeitsplätze verloren. In Benin stieg der Anteil der Menschen, die
in absoluter Armut leben müssen, erneut an, und zwar zwischen 2007 und 2009 von
33,4 auf 34,4%. Die Autoren ziehen aus diesen Zahlen die Schlussfolgerung, dass
das erst letztes Jahr auf der LDC-Konferenz in Istanbul beschlossene
Aktionsprogramm akut gefährdet ist. Danach sollte die Hälfte der 48 am
wenigsten entwickelten Länder (LDCs) bis zum Ende des Jahrzehnts aus dieser
Kategorie herauswachsen.
Aber
auch in wirtschaftlich stärkeren Ländern des Südens stocken die Aufholprozesse
in der Krise. Wie dem neuen Monatsbriefing
der UN-Abteilung für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (DESA) zu
entnehmen ist, ist das Wirtschaftswachstum in Brasilien fast zu Erliegen
gekommen: Im zweiten Quartal 2012 betrug das Wachstum dort nur noch 0,4%
(gegenüber dem Quartal zuvor). Auch die Exporte waren stark rückläufig in der
Folge der abnehmenden weltweiten Nachfrage und dem sich abschwächenden Boom der
Rohstoffpreise. Vor allem das rezessive Umfeld in Europa, so schlussfolgern die
UN-Autoren trifft jetzt direkt die Wachstumsaussichten vieler Entwicklungsländer.
Das europäische Importvolumen lag im zweiten Quartal 2012 insgesamt 4,2%
niedriger als ein Jahr zuvor.
Am
härtesten wurde Asien von dieser Entwicklung getroffen. Die Auswirkungen vor
allem in Ostasien sind allerdings differenziert zu sehen: Während sich die
Ökonomien in Indonesien, Malaysia, den Philippinen und Thailand im zweiten
Quartal 2012 noch recht widerstandsfähig erwiesen, litten die stärker
exportabhängigen Länder der Region, wie Hongkong, Südkorea, Singapur oder
Taiwan, erheblich unter dem doppelten Effekt der europäischen Rezession und der
Abschwächung des Wachstums in China. Vor allem die chinesischen Exporte gingen
bemerkenswert stark zurück: um 20% gegenüber Indien, 18% gegenüber Deutschland
und 15% gegenüber den Niederlanden.
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