Whatever it takes? EZB an ihren Grenzen
Was
immer EZB-Chef Mario Draghi morgen Nachmittag auf der Pressekonferenz verkünden
wird – ein neues mehr oder weniger weitreichendes Bondaufkaufprogramm für
Länder mit hohen Zinslasten – es wird nichts an den strukturellen Faktoren
ändern, die die Finanzkrise in der Eurozone so langwierig machen. Wie das
Weltwirtschaftsforum in seinem heute veröffentlichten neuen Global Competitiveness Report berichtet, entwickelt sich die
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Länder immer weiter auseinander: Während die
Schweiz (Platz 1) sowie die Länder Nordeuropas (Finnland, Schweden, die
Niederlande und Deutschland Platz 3, 4, 5 und 6) ihre starke
Wettbewerbsposition seit der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008
konsolidieren konnten, leiden die Länder in Südeuropa, namentlich Portugal an
49., Spanien an 36., Italien an 42. und insbesondere Griechenland an 96. Stelle
nach wie vor an einer Wettbewerbsschwäche „angesichts makroökonomischer Ungleichgewichte,
ungenügender Finanzierungsmöglichkeiten, rigiden Arbeitsmärkten und Innovationsrückstand“.
Man
mag die Methodologie, mit der das WEF Wettbewerbsfähigkeit misst, und die
Begründung in Zweifel ziehen – in diesem Punkt liegen sie richtig, die
Wirtschaftsforscher aus Genf. Die Eurokrise ist im Kern keine Staatsschulden-
und Liquiditäts-, sondern eine Wettbewerbskrise. Und insofern läuft das
Interventionspotential, wie immer man es interpretieren mag, der EZB ins Leere.
Mehr als ein gewisser Zeitgewinn kann nicht erwartet werden. Solange sich die
Wettbewerbsfähigkeit auseinander entwickelt und die Ungleichgewichte zunehmen
(mit den deutschen Exportüberschüssen auf der einen und den spiegelbildlichen
Finanzierungsproblemen in den südlichen Defizitländern auf der anderen Seite),
bleibt die Währungsunion gefährdet und vom Zusammenbruch bedroht.
Soweit
sind sich die Beobachter auch auf der politischen Linken einig, nicht jedoch,
was die daraus zu ziehenden Konsequenzen betrifft. In einem lesenswerten
Beitrag hat kürzlich der linke französische Wirtschaftswissenschafter Jacques
Sapir (>>> Europäische Union oder Eurozone?) für den geordneten Rückzug plädiert, d.h. für eine ordentliche
Abwicklung des Euro, um die Europäische Union selbst zu retten. Rudolf Hickel
und Axel Troost (MdB, Die Linke) von der deutschen Arbeitsgruppe Alternative
Wirtschaftspolitik kommen in einem längeren Papier (>>> Eurozone vor dem Ende?) jedoch zu einer anderen
Schlussfolgerung. Sie sehen die Alternative (immer noch?) in der Erhaltung und
Erneuerung des heutigen Euro-Währungsraums. Dies setze aber voraus, dass mit
den Irrtümern und Fehlern der Vergangenheit gebrochen wird. Die Mainstream-Politik
und ihre konservativen Ökonomen müssten endlich ihren Irrglauben aufgeben, dass
eine Währungsunion von sich aus schon dafür sorge, dass sich die beteiligten
Ökonomien einander angleichen und zusammenwachsen. Die Eurokrise zeige, dass
die Wirtschafts-, Lohn-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der einzelnen Länder
unbedingt aufeinander abgestimmt werden müssen, weil sich ein Währungsraum
sonst eben immer weiter auseinander entwickelt. – Wer hier Recht hat lässt sich
schwer sagen. Wie dem auch sei - wieder einmal zeigt sich: Die Hoffnung stirbt
zuletzt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen