5. September 2012

Whatever it takes? EZB an ihren Grenzen

Was immer EZB-Chef Mario Draghi morgen Nachmittag auf der Pressekonferenz verkünden wird – ein neues mehr oder weniger weitreichendes Bondaufkaufprogramm für Länder mit hohen Zinslasten – es wird nichts an den strukturellen Faktoren ändern, die die Finanzkrise in der Eurozone so langwierig machen. Wie das Weltwirtschaftsforum in seinem heute veröffentlichten neuen Global Competitiveness Report berichtet, entwickelt sich die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Länder immer weiter auseinander: Während die Schweiz (Platz 1) sowie die Länder Nordeuropas (Finnland, Schweden, die Niederlande und Deutschland Platz 3, 4, 5 und 6) ihre starke Wettbewerbsposition seit der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2008 konsolidieren konnten, leiden die Länder in Südeuropa, namentlich Portugal an 49., Spanien an 36., Italien an 42. und insbesondere Griechenland an 96. Stelle nach wie vor an einer Wettbewerbsschwäche „angesichts makroökonomischer Ungleichgewichte, ungenügender Finanzierungsmöglichkeiten, rigiden Arbeitsmärkten und Innovationsrückstand“.

Man mag die Methodologie, mit der das WEF Wettbewerbsfähigkeit misst, und die Begründung in Zweifel ziehen – in diesem Punkt liegen sie richtig, die Wirtschaftsforscher aus Genf. Die Eurokrise ist im Kern keine Staatsschulden- und Liquiditäts-, sondern eine Wettbewerbskrise. Und insofern läuft das Interventionspotential, wie immer man es interpretieren mag, der EZB ins Leere. Mehr als ein gewisser Zeitgewinn kann nicht erwartet werden. Solange sich die Wettbewerbsfähigkeit auseinander entwickelt und die Ungleichgewichte zunehmen (mit den deutschen Exportüberschüssen auf der einen und den spiegelbildlichen Finanzierungsproblemen in den südlichen Defizitländern auf der anderen Seite), bleibt die Währungsunion gefährdet und vom Zusammenbruch bedroht.

Soweit sind sich die Beobachter auch auf der politischen Linken einig, nicht jedoch, was die daraus zu ziehenden Konsequenzen betrifft. In einem lesenswerten Beitrag hat kürzlich der linke französische Wirtschaftswissenschafter Jacques Sapir (>>> Europäische Union oder Eurozone?) für den geordneten Rückzug plädiert, d.h. für eine ordentliche Abwicklung des Euro, um die Europäische Union selbst zu retten. Rudolf Hickel und Axel Troost (MdB, Die Linke) von der deutschen Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik kommen in einem längeren Papier (>>> Eurozone vor dem Ende?) jedoch zu einer anderen Schlussfolgerung. Sie sehen die Alternative (immer noch?) in der Erhaltung und Erneuerung des heutigen Euro-Währungsraums. Dies setze aber voraus, dass mit den Irrtümern und Fehlern der Vergangenheit gebrochen wird. Die Mainstream-Politik und ihre konservativen Ökonomen müssten endlich ihren Irrglauben aufgeben, dass eine Währungsunion von sich aus schon dafür sorge, dass sich die beteiligten Ökonomien einander angleichen und zusammenwachsen. Die Eurokrise zeige, dass die Wirtschafts-, Lohn-, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik der einzelnen Länder unbedingt aufeinander abgestimmt werden müssen, weil sich ein Währungsraum sonst eben immer weiter auseinander entwickelt. – Wer hier Recht hat lässt sich schwer sagen. Wie dem auch sei - wieder einmal zeigt sich: Die Hoffnung stirbt zuletzt.

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