Jackson Hole 2012: Konklave der Zentralbanker
Den
spätsommerlichen Treffen der Zentralbanker im Erholungsort Jackson Hole in den
Bergen Wyomings haftet etwas Mystisches an. Die Financial Community aus
Investoren, Finanzpolitikern, Spekulanten und Analysten erwartet wegweisende
Vorgaben, wenn der Gastgeber des Treffens, der Vorsitzende der
US-amerikanischen Federal Reserve (FED), seine Rede hält. Doch bedarf es eines
erheblichen Interpretationsaufwands (um nicht zu sagen: Gabe zum Orakel), um
die jeweilige Botschaft zu entschlüsseln. So galt die Rede von FED-Chef Ben
Bernanke vor zwei Jahren als sanfte Vorbereitung auf die zweite Runde der
geldpolitischen Lockerung („quantitative easing“), die dann im November
desselben Jahres eingeleitet wurde. Als entscheidender Hinweis diente die
Formulierung, dass die FED „bereit ist zu zusätzlichen geldpolitischen
Erleichterungen durch unkonventionelle Maßnahmen, wenn sich diese als notwendig
erweisen“.
Im
letzten Jahr zeichnete sich die Keynote-Rede der neuen Geschäftsführenden
Direktorin des IWF, Christine Lagarde, allerdings durch ungewöhnliche Klarheit
aus. Ihr Satz, dass die Weltwirtschaft in eine „neue, gefährliche Phase“
eingetreten sei, beherrschte monatelang die internationale
wirtschaftspolitische Debatte. Und heute? Die "gefährliche Phase" scheint sich
in einen „neuen Normalzustand“ verwandelt zu haben, der durch stark verlangsamtes
Wachstum in den USA, eine Double-dip-Rezession
in Europa und einen gewissen Abschwung auch in den Schwellenländern
gekennzeichnet ist (>>> Die Krise erreicht den Süden) und über dem als Damoklesschwert die immer noch ungelösten
Probleme aus der Finanzkrise schweben.
Für
dieses Jahr wird allgemein damit gerechnet, dass Bernanke in seiner morgigen
Rede die Möglichkeiten für ein QE III, also eine dritte Runde der
geldpolitischen Lockerung, ventilieren wird, wobei der Titel seiner Rede („Geldpolitik
seit der Krise“) eher unspektakulär gehalten ist. Sein Kollege Mario Draghi von
der Europäischen Zentralbank hat wie die meisten seiner Vorstandskollegen die
Reise nach Jackson Hole gar nicht erst angetreten, was von den meisten der
Auguren so interpretiert wird, dass man seine Hausaufgaben in Frankfurt, nämlich
die Ausarbeitung der angekündigten „unkonventionellen“ Maßnahmen gegen die
Schuldenkrise in der Eurozone, machen wolle (>>> Eurozone oder Europäische Union. Die „unkonventionellen“ Maßnahmen der EZB). Es wird also eher ruhig bleiben um die Konklave der
Zentralbanker in den Bergen. Überraschungen sind jedoch nicht ausgeschlossen.