IWF/ILO: Warnungen an die Davos-People
Rechtzeitig zur Eröffnung des Weltwirtschaftsforums in Davos haben der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) mit düsteren Prognosen darauf aufmerksam gemacht, dass Wachstum und Jobs, zwei zentrale Ingredienzen des überkommenen kapitalistischen Modells, derzeit auf des Messers Schneide stehen. Der IWF korrigierte seine globale Wachstumserwartung für 2012 auf 3,3% (gegenüber noch 4% im letzten September-Outlook). Damit liegt er zwar immer noch um 0,7% über der Prognose der Vereinten Nationen (>>> W&E-Hintergrund Januar 2012). Doch die Situation ist deshalb so kritisch, weil im Epizentrum der gegenwärtigen Krise, in Europa, eine Rezession so gut wie sicher ist. Und eine weitere Eskalation der Finanzkrise in Europa würde auch den Rest der Welt in eine erneute Rezession stoßen, warnt neben der Weltbank jetzt auch der IWF.
Aus beschäftigungspolitischer Sicht hat die Weltwirtschaft die letzte Krise noch gar nicht hinter sich gelassen. Wie aus den gestern veröffentlichten Global Employment Trends der ILO hervorgeht, liegt die Arbeitslosigkeit weltweit immer noch um 27 Millionen über dem Niveau vor vier Jahren zu Beginn der globalen Finanzkrise. Insgesamt geht die ILO derzeit von 200 Millionen Arbeitslosen weltweit aus, wobei 900 Millionen Arbeitskräfte hinzukommen, die unterhalb der Armutsgrenze von 2 Dollar am Tag leben. Die globale Jobkrise hält also unvermindert an und betrifft mindestens 1,1 Milliarden Menschen auf der Welt, wie ILO-Generaldirektor Juan Somavia hervorhob. Je länger diese Situation fortbesteht, umso mehr steht die Schaffung nachhaltigen Wachstums und der soziale Zusammenhalt der Gesellschaften in Frage.
Nicht zu übersehen ist, dass neben der ILO nunmehr auch der IWF wirtschaftspolitische Ratschläge bereithält, die den tonangebenden Kräften in der Eurozone nicht gefallen können. So plädiert der Fonds für eine nuancierte Handhabung der fiskalischen Konsolidierung, die vor allem dort verlangsamt werden sollte, etwa in Deutschland, wo fiskalische Spielräume noch nicht ausgeschöpft wurden. Eine zu forsche Austeritätspolitik, so IWF-Chefökonom Blanchard bei der Vorstellung der neuesten Zahlen, „tötet das Wachstum“. Beim Abbau der Schulden in Europa müsse wesentlich langfristiger gedacht werden. Dabei erinnerte Blanchard daran, dass es gut zwei Jahrzehnte dauerte, bis der relativ hohe Schuldenstand, mit dem die Staaten aus dem Zweiten Weltkrieg herauskamen, zurückgeführt war. Auch heute müsse in solchen zeitlichen Dimensionen gedacht werden.
Man darf gespannt sein, wie viel der Ratschläge des IWF bei der deutschen Kanzlerin angekommen sein werden, wenn sie heute in Davos ihr Eröffnungsstatement hält. Neben einer differenzierteren Betrachtung der Austeritätspolitik plädiert der IWF für eine Ausweitung des Europäischen Rettungsschirms ESM, eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die EZB und schließt auch die Einführung von Eurobonds nicht mehr aus. Notwendig sei die „Teilung des fiskalischen Risikos unter den Mitgliedern der Eurozone“. Das wäre ein Ansatz zu jener europäischen Solidarität, die die Bundesregierung bis heute strikt verweigert.
1 Kommentar:
Die Austeritätspolitik in der Eurozone ist gescheitert. Griechenland rutscht immer tiefer in die Rezession, auch in Portugal und Irland verschlechtert sich die Lage zusehends. Der IWF fordert daher, den einseitigen Sparkurs aufzugeben und sich endlich wieder um Wachstum zu kümmern. Spanien solle das Spardiktat, das nicht zuletzt auf Kanzlerin Merkel zurückgeht, einfach ignorieren, forderte der IWF zuletzt. Auch Deutschland solle weniger sparen - denn wenn die Eurozone so weiter mache, könne sie die gesamte Weltwirtschaft ins Unheil stürzen.
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