G20-Agrarminister in Paris: Mehr Hedging statt Regulierung?
Trotz aller Vorschusslorbeeren, die die Franzosen dafür bekommen haben, dass sie das erste G20-Treffen der Agrarminister ausrichten, droht dieser Gipfel zu einer glatten Bauchlandung zu werden. Schon vorher wurde bekannt, dass die weitreichendsten und kontroversesten Fragen, die sich angesichts der grassierenden Volatilität auf den Rohstoff- und Nahrungsmittelmärkten stellen, entweder ausgeklammert oder aufgeschoben werden, etwa die Subventionierung von Pflanzentreibstoffen, die Politik der Exportverbote oder Maßnahmen zur Eindämmung der Spekulation mit Nahrungsmitteln. Auch die Bundesregierung fordert seit diesem Frühjahr nur noch Transparenz, jedoch keine Regulierung mehr, beklagte Misereor vor dem Treffen.
Dabei waren die Voraussetzungen für ordentliche Konferenzergebnisse gar nicht so schlecht, jedenfalls gemessen an den diversen Studien, die den GipfelteilnehmerInnen vorlagen. In seltener Deutlichkeit beispielsweise forderte eine gemeinsame Studie der WTO, der FAO, der Weltbank und mehrerer UN-Organisationen für die G20 die Einstellung aller staatlichen Subventionen für die Biofuel-Produktion. Die OECD wies in einem gemeinsamen Report mit der FAO darauf hin, dass die derzeitigen Rekordpreise der Nahrungsmittelrohstoffe in absehbarer Zeit nicht zurück gehen werden. Und eine neue UNCTAD-Untersuchung zeigte, wie stark die Rohstoffmärkte inzwischen von Finanzinvestoren dominiert werden und dass der Anteil der Spekulation an den hohen Preisen teilweise bis zu 20% ausmacht (>>> Wie Finanzinvestoren Rohstoffpreise beeinflussen).
Doch jetzt konzentriert sich alles auf die Schaffung von mehr Markttransparenz – was von Oxfam immerhin noch als kleiner Lichtblick in der Finsternis gesehen wird. Auf dem Gipfel soll ein Informationssystem über die Agrarmärkte (Amis) ins Leben gerufen werden, nach dem Modell der Joint Oil Data Initiative (Jodi) für die Ölmärkte. An der Spekulation mit dem Ölpreis hat dieses System, das auch fast zehn Jahre nachdem es ins Leben gerufen wurde, mit seiner Relevanz kämpft, freilich nichts geändert. Und damit die Finanzialisierung der Nahrungsmittelmärkte ja niemand grundsätzlich in Frage stellt, drängt die Weltbank mit einem besonders systemgerechten Vorstoß in das Regulierungsvakuum: In Kooperation mit der Investmentbank JPMorgan will sie eine mit 4 Mrd. US-Dollar ausgestattete Fazilität schaffen, die ein besseres Hedging von Nahrungsmittelpreisen im Süden unterstützen soll. Ein verbessertes Risikomanagement auf den Rohstoffmärkten nennt man das. Dass man dazu ausgerechnet mit dem größten privaten Hedgefonds-Manager, der selbst ein Risikoproduzent ersten Ranges ist, kooperiert, spricht Bände.
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