WEF 2011: Zwischen Agenda-Setting und Selbsthilfe-Gruppe
Das World Economic Forum (WEF) steht bevor, und wie jedes Jahr werden Beobachter aus aller Welt versuchen, neue Trends aufzuspüren und den Zustand der „Davos people“ zu erkunden – jener Spezies, die für die einen die „globale herrschende Klasse“ (>>> Towards a global ruling class?) bilden, für die anderen eine abgeschmackte Heerschar der Eitelkeiten und der Geldverschwendung. In diesem Jahr schwanken die Einschätzungen zwischen Agenda-Setting und einem Selbsthilfetreffen vereinsamter Topmanager, die nach Vertrauen und Solidarität in einer feindlichen Umwelt suchen. So zartfühlend können Finanzjournalisten schreiben, wenn sie wie die eloquente Gillian Tett von der Financial Times versuchen, neues Interesse für das Schweizer Bergtreffen der Wirtschaftsbosse mit den Politikern zu wecken (>>> Lonely CEOs flee hostile world for self-help group).
Im Zentrum dürfte freilich auch diesmal wieder eine Mischung aus Agenda-Setting (auf der großen öffentlichen Bühne) und der Einfädelung neuer Schritte im internationalen Krisenmanagement (in den eleganten Hinterzimmern der Luxushotels) stehen. Die Liste der erwarteten Prominenten ist kaum kleiner als in den Jahren zuvor. Nach einer gewissen Zurückhaltung sollen diesmal auch einige Top-Banker wieder erscheinen. Man trifft sich unter dem Slogan „Shared norms for the new reality“, nachdem es im letzten Jahr hieß „Rethink, redesign, rebuild“. Es geht um „the new real“, wie ein bekannter Großbanker zu sagen pflegt, um die Zeit nach der Krise, vor die keiner mehr zurück kann, wie der Vater von Davos, der Wirtschaftsprofessor Klaus Schwab, sagt (>>> Video). Das diesjährige Motto reflektiert nach Ansicht der Organisatoren „die Sorge vieler Führungskräfte, dass wir in einer Welt leben, die zunehmend komplex und miteinander verknüpft ist und zugleich eine Erosion gemeinsamer Werte erlebt, die das öffentliche Vertrauen in die Führung untergräbt ebenso wie in das künftige Wirtschaftswachstum und die Stabilität“. So weit – so gut; aber welche Normen den – zumeist – Herrschaften künftig aus der Malaise helfen sollen, geht aus der WEF-Website noch nicht hervor.
Um die konkreten Themen, die im Mittelpunkt der zahlreichen Panels stehen werden, zu identifizieren, bedarf es hingegen keiner allzu großen Phantasie. Da geht es um Wege zur Lösung der Eurokrise und zur Stabilisierung der Peripherie des Euroraums, um die allgemeine Entwicklung der Weltwirtschaft, um das neue Kräfteverhältnis zwischen alten Industrieländern und Emerging Economies. Frankreich wird das Forum zur Profilierung und Durchsetzung seiner G20-Agenda zu nutzen suchen, keine leichte Aufgabe angesichts der starken Widerstände vor allem der USA gegen eine stärkere Regulierung von Währungs- und Rohstoffmärkten und eine solidere Global-Governance-Struktur, einschließlich einer Reformierung des IWF. Insgesamt stehen also keine uninteressanten Tage bevor auf einem Forum, das schon mehrfach für tot gesagt wurde.
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